Karolina Schmidle (geb. Graf)

Landwirtin aus Hilzingen (katholisch)

geb. in Duchtlingen
gest. in Grafeneck

Biografie

Karolina Schmidle wurde am 12. Juli 1876 als Karolina Graf in Duchtlingen (Ortsteil von Hilzingen im Hegau) geboren und am 26. oder 27. Juni 1940 in Grafeneck ermordet (Dies entgegen dem auf dem Sterbebildchen angegebenen Datum. Der Familie wurde von Grafeneck ein falsches Datum mitgeteilt). Sie wurde knapp 64 Jahre alt.

1900 heiratete sie den Landwirt Gregor Schmidle in Hilzingen und wohnte dort in der Braungasse Nr. 4 bis zu ihrer Einweisung in die Psychiatrische Anstalt Reichenau.

In der Zeit von 1901 bis 1918 brachte sie vierzehn Kinder zur Welt, von denen elf das Erwachsenenalter erreichten, fünf Söhne, sechs Töchter. Von den fünf Söhnen „fielen“ vier im 2.Weltkrieg für „Führer, Volk und Vaterland“, der fünfte kam aus russischer Gefangenschaft in Sibirien einige Jahre nach Kriegsende 1945 schwer krank nach Hause zurück. Zwei der damals vier verheirateten Töchter verloren ebenfalls ihre Männer an der Kriegsfront in Russland. Diese Todesfälle geschahen nach 1940, nach Karolinas Tod, so dass ihr der Tod ihrer Söhne und Schwiegersöhne erspart blieb, hatte sie doch schon früher drei ihrer Kinder verloren.

Mit 44 Jahren, 1920, wurde sie Witwe, da ihr Mann tödlich verunglückte. Ein Jahr später starb ihr jüngster Sohn im Kindesalter. Damals gab es keinerlei staatliche Unterstützung, keine Unfallrente. Mit Hilfe der beiden ältesten Söhne Karl und Josef, damals 16 und 15 Jahre alt, und mit der Mithilfe der älteren Töchter Sophie, Marie und Anna in Haus und Feld betrieb sie die große Landwirtschaft weiter.

Karolina Schmidle hat ihr Leben lang schwer gearbeitet, musste sie doch stets trotz der vielen Schwangerschaften, der Erziehung und Versorgung ihrer Kinder, der Hausarbeit, bei der Arbeit im Stall und im Feld mitarbeiten, und auch nach der Heirat des ältesten Sohnes war sie weiter im Haus tätig.

Sie wurde mir stets als fleißige, liebevolle Frau und Mutter beschrieben, die trotz großer Armut, besonders auch in den Jahren der großen Inflation, keinen Bettler von der Türe weisen konnte, imGegenteil, er bekam eine Mahlzeit.

Der Auslöser für ihre Einweisung in die Anstalt Reichenau sei gewesen (so meine Mutter und eineihrer Cousinen), dass Karolina an einem Sonntag Kartoffelsäcke gewaschen und über den Gartenzaun zum Trocknen aufgehängt habe, für alle sichtbar, ein absolutes No Go in der damaligen streng katholischen Gemeinde, eine schwere Sünde, so die Kirche. Man hielt sie für verrückt, irre.

Karolina Schmidle war bei der Einweisung in die Reichenau weder körperlich noch geistig krank,nicht dement. Unter der Hand sprach man von einer Depression.

Warum niemand von der Familie gegen die Einweisung Einspruch erhob oder sie gar verhindern konnte, lag vielleicht daran, dass nicht mehr alle Kinder in Hilzingen wohnten, dass sie hilflos gegen die Anordnung der Obrigkeit, vertreten durch den von den Nazis eingesetzten Ortsgruppenleiter, waren.

Trotz ihres harten Lebens, trotz ihrer großen Familie, trotz ihrer Arbeit bis ins Alter, galt Karolinas Leben in den Augen der Nazi-Verbrecher als unnütz, wertlos, „unwert“, und so wurde sie inGrafeneck auf unvorstellbar grausame Weise ermordet.

17.10.2024. Gertrud Hartung, Enkelin von Karolina Schmidle

Orte der Biografie

Geburtsort: Duchtlingen

Duchtlingen
Deutschland

Hauptaufenthaltsort: Hilzingen

Hilzingen
Deutschland

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