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Historischer Ort: Denkmal der Grauen Busse, Porträt 7
Opferbiografie
Johannes Kaspar
18981940

Johannes Kaspar
Maschinenschlosser aus Ravensburg (Baden-Württemberg)

geb. 02.04.1898 in Ravensburg (Baden-Württemberg)
gst. 20.05.1940 in Grafeneck (Baden-Württemberg)

Von Paul-Otto Schmidt-Michel

Johannes Kaspar 11 wurde am 2.4.1898 in Ravensburg geboren und am 19.12. 1925 in der Heilanstalt Weißenau aufgenommen. Zur „Vorgeschichte nach Angaben des Patienten“ wird geschrieben, dass er als Kind mit sieben Jahren eine Hirnhautentzündung hatte, in der Schule leicht gelernt habe und ab seinem 14. Lebensjahre etwa alle vier Wochen einen epileptischen Anfall hatte.

Biografie erstellt am 07.05.2018, letzte Aktualisierung: 31.05.2018

Sein Vater ist von Beruf Bürstenmacher in Weingarten (Pinselfabrik), die Mutter ist früh an „Schwindsucht“ verstorben. Er hat einen 7 Jahre jüngeren Bruder, der das Gipserhandwerk gelernt hat. Nach der Schule hat er eine Lehre als Maschinenschlosser abgeschlossen und dann ab 1917 in der Maschinenfabrik Weingarten gearbeitet. 1924 sei ihm wegen seiner Anfälle gekündigt worden; ein Arbeitsversuch in einer Gießerei sei gescheitert, da er nach acht Tagen wieder einen Anfall bekommen habe. Wenige Wochen sei er dann „im Bruderhaus“ mit
Bromsalz behandelt worden, jedoch ohne Besserung. Weshalb er jetzt nach Weißenau gekommen sei wisse er nicht, Sanitäter haben ihn hierher gebracht. Er bleibt bis 1940 in der Anstalt.


Die ersten Verlaufseintragungen lauten: „Besorgt sich selbst, macht Spiele mit den Anderen, freundlich, neigt zum spotten, immer wieder unzufrieden“. Anfang 1927: „Versucht fleißige Ausrücker von der Arbeit abzuhalten“. Seine ca. wöchentlichen Krampfanfälle werden
trotz Einnahme von Barbiturat nicht weniger. 1928 macht er einen Arbeitsversuch als Gartenarbeiter, der nach vier Wochen wieder abgebrochen wird. Danach erleidet er einen „Verwirrtheitszustand“ und „glaubt sterben zu müssen, möchte dass man die Angehörigen ruft“. 1929 steht geschrieben „liest viel, rückt wieder aus“. Anfang 1930 wird eine „Entweichung“ vermerkt, er habe mit einem nachgemachten Schlüssel ein Fenster im Tagsaal selbst geöffnet, sei über Schmalegg nach Ravensburg gelaufen, um 23.00 in der Wohnung seines Vater gewesen und um 24.00 wieder in die Anstalt gebracht worden. Auch zwischen 1930 und 1939 ist fast jährlich von ähnlich ablaufenden „Fluchtversuchen“ die Rede und von suizidalen Äußerungen; einmal wird berichtet, dass er versuchte, eine Glasscherbe zu verschlucken. Trotzdem arbeitet er in diesen Jahren regelmäßig. Seine Anfälle treten weiter alle zwei bis fünf Tage auf.

Der letzte Eintrag am 1.3.1940 heißt „schweigsam, zurückhaltend“. Johannes Kaspar wird am 27.5.1940 in Grafeneck ermordet.

Assoziationen

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Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.

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