
Elisabetha (Elise) Weigle
aus Herisau (Appenzell-Ausserrhoden)
Von Paul-Otto Schmidt-Michel
Akte Staatsarchiv St. Gallen1: Elisabetha Weigle wurde am 11.2.1864 geboren und lebte in Herisau (Kanton Appenzell). Eine Akte im Bundesarchiv findet sich nicht. Dem Archiv der Gedenkstätte Grafeneck ist lediglich zu entnehmen, dass Frau Weigle am 25.7.1923 in die Anstalt Weissenau aufgenommen wurde, ihr Wohnort in Herisau/Schweiz war und sie im Alter von 76 Jahren am 28.8.1940 in Grafeneck ermordet wurde.
Erhalten ist jedoch eine knappe Krankenakte in der psychiatrischen Anstalt Wil («Asyl Wil»), in die sie in der Zeit vom 6.2.1905 bis 20.3.1905 eingewiesen wurde. In der Akte ist eingangs vermerkt, dass sie «aus Ludwigsburg (Württemberg)» stammte. Ob sie dort oder in der Schweiz geboren wurde, ist unklar – möglicherweise war ein oder waren beide Elternteile bereits vor ihrer Geburt in die Schweiz ausgewandert.
Der Akte ist weiter zu entnehmen, dass sie bis zu ihrer Aufnahme bei ihrem Bruder, «Dr. W. Weigle», lebte, er war von Beruf Arzt. Ihr Vater und ihre Mutter seien vor 1905 verstorben, sie hatte fünf Geschwister. Ihre Schwägerin berichtete bei der Aufnahme, Elise sei in der Schule gut gewesen und habe sich schon immer «eigensinnig und unbeugsam» verhalten. Die Anstalt beschreibt als Symptome: «Religiöse Wahnideen, glaubt an Zauberei, Erotomanie». Der letzte Eintrag lautet: «29.3.1905 nach Württemberg in Irrenanstalt überführt». Sie war von 1905 bis 1907 in der Anstalt Weissenau und wurde dann von ihrem Bruder wieder in seinen Haushalt in die Schweiz geholt.
Der Schweizer Akte liegt ein Schriftwechsel zwischen ihrer Schwägerin und der Anstalt Wil bei. Diese schrieb am 7.4.1923 an den «Herrn Direktor», dass ihr Mann im Jahr 1920 verstorben sei und Elise Weigle weiter von ihr und einer weiteren Schwägerin gepflegt worden sei. Dies könnten sie jedoch nun nicht mehr leisten, sie seien inzwischen alt und hilfsbedürftig und bitten die Direktion um ein Zeugnis, dass Elise anstaltspflegebedürftig sei. In dem auch beiliegenden «Ärztlichen Zeugnis» des Direktors (ohne Unterschrift und Namen) vom 9.4.1923 wurde dies attestiert, und Frau Weigle wurde vier Monate später wiederum aus der Schweiz ausgeführt und in der Anstalt Weissenau aufgenommen.
Am 28.8.1940 wurde Elise Weigle in Grafeneck getötet.
«Euthanasie»-Opfer aus der Schweiz in der «Aktion T4»
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