
Hermann Sudler
aus Kreuzlingen (Thurgau)
Von Paul-Otto Schmidt-Michel
Akte Staatsarchiv Thurgau1: Hermann Sudler wurde am 20.1. oder 20.10.1892 geboren. Er war von 13.8.1919 bis 3.10.1919 Patient der Heil- und Pflegeanstalt Münsterlingen im Kanton Thurgau. Vor seiner Aufnahme hatte er in Kreuzlingen gewohnt und war als Gärtner in der Binswanger’schen Klinik Bellevue angestellt. Seine Eltern lebten in Bürglen, der Nachbargemeinde von Weinfelden. Die «Unterstützungsgemeinde» von Max Sudler war Emmingen (Amt Engen) in Baden.
Dem Schriftwechsel in der Akte ist zu entnehmen, dass sich bereits am 15. August 1919 der Hilfsbund für Deutsche Kriegerfürsorge in der Schweiz, Ortsgruppe Kreuzlingen-Romanshorn, der für die Klinikkosten aufkam, bemühte, Max Sudler in die «heimatliche Heil- und Pflegeanstalt Reichenau» zu überführen. In der Schweizer Akte heisst es am 3.10.1919: «Nach Reichenau transferiert». In dem beiliegenden ärztlichen Zeugnis der Klinik Bellevue wird erwähnt, dass er schon früher einen Aufenthalt in der Anstalt Reichenau hatte. Offensichtlich wurde er wieder entlassen, denn sein letzter Aufenthalt dort datierte von 1919. Der Akte liegt noch ein Schreiben des Direktors der «Bad. Heil- und Pflegeanstalt Emmendingen» vom 6.10.1944 bei, in dem dieser auf eine Anfrage der Direktion der Anstalt Münsterlingen antwortete (die Anfrage aus Münsterlingen liegt nicht bei):
«Der Patient Hermann Sudler war zuletzt vom 24.3.1925 bis 14.8.1940 in der Anstalt bei Konstanz untergebracht. Am 14.8.1940 wurde er nach unseren Feststellungen in eine uns nicht bekannte Reichsanstalt verlegt. Die Krankengeschichte ist s. Zt. beim Abtransport mitgegeben worden, so dass hier leider keinerlei Unterlagen vorliegen, um Ihre Anfrage beantwortenzu können».
Weshalb die Anstalt Münsterlingen motiviert war, nach Hermann Sudler 1944 nachzufragen bleibt offen. Möglicherweise fragten die Eltern oder Geschwister an. Unklar bleibt auch, weshalb die Anstalt Münsterlingen in Emmendingen nachfragte und nicht in der Anstalt Reichenau.
Akte Bundesarchiv1: Hermann Sudler wurde am 24.3.1925 «auf Ersuchen der Polizei Konstanz von der Grenzstelle Kreuzlinger Tor abgeholt, wohin er von 2 Personen der Anstalt Münsterlingen verbracht worden war» und in die «Grossh.Bad.Heil- und Pflegeanstalt bei Konstanz» (Reichenau) aufgenommen. Auf der Akte ist die Adresse seiner Mutter in Bürglen, Kanton Thurgau, vermerkt. Ein Grossteil der kurzen Akte ist nicht lesbar (Wasserschäden). Einmal ist zu entnehmen, dass er auf dem Feld arbeite und sich «mutistisch-abgesperrt » verhalte. Hermann Sudler wurde am 14.8.1940 in Grafeneck umgebracht.
«Euthanasie»-Opfer aus der Schweiz in der «Aktion T4»
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