
Martha Becker (geb. Gebauer, verh. Lampka)
aus Berlin
Martha Gebauer wurde am 23. Oktober 1878 in Bomst im Kreis Birnbaum in der Preußischen Provinz Posen (heute Polen) geboren. Martha Becker war zweimal verwitwet. Im Jahre 1903 hatte sie erstmals geheiratet und hieß danach Lampka. Mit ihrem ersten Mann wohnte sie in der damaligen Markusstraße in Berlin. Nachdem ihr Mann während des Ersten Weltkrieges gestorben war, heiratete sie am 10. Februar 1920 ein zweites Mal und hieß seitdem Becker. Ihr zweiter Mann, mit dem sie in der Schöningstraße in Pankow wohnte, starb 1927.
Zum Zeitpunkt ihrer Einweisung in die Wittenauer Heilstätten am 1. Februar 1934 wohnte sie in der Kolonie „Am Wasserturm“ an der Nordbahnstraße in Reinickendorf in einer Gartenlaube, was als Hinweis auf ihre schlechte soziale Lage gedeutet werden kann. Die hygienischen Bedingungen waren ebenso wie die Möglichkeit, die Lauben zu beheizen, unzureichend. Am 1. Februar 1934 wurde Martha Becker vom Bezirksamt Reinickendorf in die Wittenauer Heilstätten eingewiesen. Bei der Aufnahme wurde eine „Geistesstörung“ diagnostiziert. Einen genaueren Einblick in die Gründe, die zur Einweisung führten, gewährt der Eintrag auf dem Einweisungsschein: „Paranoia bei mangelnder Unterkunft“. In der Krankenakte heißt es unter dem Punkt Vorleben: „schmutzig, verwahrlost, unsinnige Handlungen, Größenideen“. Und weiter: „Martha Becker sei Nachbarn aufgefallen.“
Am 17. Januar 1935 wurde sie von Wittenau nach Neuruppin in die dortige Brandenburgische Landesanstalt verlegt. In Neuruppin erfolgte im Mai 1935 auch eine neuerliche Untersuchung „zum Zwecke der Durchführung des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“. Die Untersuchung hatte die Diagnose „Progressive Paralyse“ zum Ergebnis und stellte gleichzeitig fest, dass keine Erblichkeit vorliege, mithin Martha Becker eine Zwangssterilisation mutmaßlich erspart geblieben ist.
Auf den 8. August 1940 ist schließlich eine Verfügung zur Verlegung Martha Beckers „in eine andere Anstalt“ datiert. Dieser Vermerk, gleichzeitig der letzte Eintrag in ihrer Akte, bezeugt ihre Ermordung in einer der Gasmordanstalten der Aktion „T4“, der bei der Kanzlei des Führers angesiedelten Organisation zur Ermordung „lebensunwerten Lebens“. Das Datum des Abtransportes lässt darauf schließen, dass Martha Becker in der Tötungseinrichtung der „T4“ in Brandenburg/Havel ermordet wurde.
Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Alle Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen haben ihre Individualität. Manche wurden jedoch aus ähnlichen Motiven verfolgt, einige teilten zum Beispiel Gewaltererfahrungen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Andere wiederum wurden doppelt sigmatisiert: Weil sie als psychisch krank und behindert galten und als homosexuell und jüdisch definiert wurden.
Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.
Assoziative Verbindungen
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- Stolperstein für Martha Becker, geb. Gebauer (Berlin)
- T4-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel (Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg/Havel, Brandenburg/Havel)
- Landesanstalt Neuruppin (Ruppiner Kliniken, Neuruppin)
- Wittenauer Heilstätten (Berlin)
- Tiergartenstraße 4 (Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde, Berlin)
Mit ‚Martha Becker‘ verknüpfte Biografien
Ausgewählte Literatur zum Thema
Totgeschwiegen 1933_1945
1988, Berlin
Geschichte der Wittenauer Heilstätten im Nationalsozialismus
Autor | Arbeitsgruppe Erforschung der Geschichte der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik |
ISBN | 3-9216175-08-7 |
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