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Opferbiographie: Else Reglin, Foto
Opferbiografie
Else Reglin
19101941

Else Reglin
aus Carwitz (Mecklenburg-Vorpommern)

geb. 24.07.1910 in Carwitz (Mecklenburg-Vorpommern)
gst. 11.07.1941 in Bernburg (Sachsen-Anhalt)

Else, eine tragische Lebensgeschichte
von Reinhard Simon

Auf dem Friedhof des kleinen Ortes Carwitz in der Feldberger Seenlandschaft befand sich bis vor kurzem noch die Familiengrabstelle der Familie Reglin. Auf dem Grabstein stand neben denen der Eltern und des Bruders, welcher 1940 im Krieg gefallen war, auch der Name Else Reglins. Als Geburtsdatum sind der 24. Juli 1910 und als Todestag der 23. Juli 1941 angegeben.

Grabstätte der Familie Reglin auf dem Friedhof Carwitz mit dem Namen von Else und ihrem falschen Todesdatum (Foto 2017, privat)
Biografie erstellt am 13.03.2019, letzte Aktualisierung: 17.05.2021

Dass wir heute einige Fotos von ihr haben und auch einige Episoden aus ihrem kurzen Leben kennen, ist unter anderem ihren beiden Großnichten zu verdanken. Schaut man sich die Bilder aus Elses Jugendzeit an, so erkennt man, dass Else ein hübsches und lebenslustiges junges Mädchen war. Wahrscheinlich liebte sie Pferde, die es in ihrem Geburtsort Carwitz sicherlich gab. Auf einem Foto sieht man sie zusammen mit ihrer Schwester Hedwig, wie sie liebevoll ein Pferd streichelt.

Foto von Else Reglin, o.D.

Else erkrankte mit 18 Jahren an der Schilddrüse und wurde wenige Jahre später im Carolinenstift Neustrelitz operiert. Es ist möglich, dass diese Krankheit ihre psychischen Leiden verursachte. Wie später ihre Mutter gegenüber dem Domjücher Anstaltsarzt erzählte, lief sie nach der Operation 1934 mehrfach weg. Sie hatte Halluzinationen, lachte und weinte oft grundlos. Die Ärzte waren sich einig: Else leidet an Schizophrenie. Sie wird darauf hin 1936 sterilisiert, wie es das Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vorschrieb. Nach dieser Operation, wieder im Carolinenstift durchgeführt, wird sich ihr Gesundheitszustand so weit verschlimmern, dass sie am 12. Oktober 1938 in die Heil- und Pflegeanstalt Domjüch aufgenommen werden muss. Viel erfährt man danach aus ihrer Krankenakte nicht mehr, nur dass sie oft „läppisch und unruhig sei“ und dass sie 1940 die Nachricht vom Kriegstod ihres Bruders ohne Eindruck aufnahm. Als letzter Eintrag in ihrer Krankenakte wird auch bei ihr stehen: „11.7.41 ungeheilt entlassen“. Auf dem Deckblatt ihrer Krankenakte wurde später noch die Personenidentifikationsnummer der T4-Zentrale Z 165888 eingetragen. Die Urne, die den Eltern zwei Wochen später aus Bernburg zugeschickt wurde, enthielt auch in diesem Fall nicht die Asche ihrer Tochter. Ihre wahre letzte Ruhestätte wird mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Kiesgrube am Rande der Stadt Bernburg sein, in der die Asche der Ermordeten geschüttet wurde. 
Ihre Nichte und Großnichten werden erst 2016 die tatsächliche Todesursache von Else erfahren. Bis dahin hieß es in der Familie, Else sei an den Folgen ihrer Schilddrüsenerkrankung gestorben. Am 10. Juli 2016 nahmen ihre beiden Großnichten am Gedenkgottesdienst zum 75. Jahrestag des Abtransportes von Patienten aus der Domjüch teil.
 

Elses Todesanzeige in der Neustrelitzer Zeitung. Auf der gleichen Seite stehen noch die Anzeigen von zwei weiteren Euthanasieopfern des 11.07.41 (Kempert und Kreienbring)
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