Geschichtspolitik gegen Selbstbestimmung in Polen
Eine heute (15.10.2020) in Zielona Góra stattfindende Konferenz unter dem Titel "Von der Abtreibung zur Euthanasie. Praktiken der Nazis und der Kommunisten" bringt zusammen, was nicht zusammen passt: Vorträge zur "Verteidigung des Lebens im alten Israel", zu Kriegsverbrechen von Soldaten der Roten Armee am Ende des Zweiten Weltkrieges, zu einem Abtreibungsgesetz aus dem Jahr 1956 und zu den Massenmorden in der Anstalt Meseritz-Obrawalde rühren einen Brei zusammen, der kaum mehr Wissenschaft zu nennen ist.
Schon das Plakat zur Konferenz ist ein Provokation und gleichzeitig eine direkte Negation des Titels der Konferenz: Der abgebildete Stein steht auf dem Gelände der ehemaligen Anstalt Meseritz-Obrawalde und erinnert an die etwa 10.000 Patienten, die dort ermordet wurden. Soldaten der kommunistischen Roten Armee befreiten die wenigen Überlebenden im Januar 1945 und bestraften die Täter. Mit Schwangerschaftsabbrüchen hatte das alles nichts zu tun.
Zahlreiche staatliche Institutionen und christliche Vereinigungen fördern dieses Geschwurbel. Dahinter steht eine ganz klar in die Geschichtspolitik der aktuellen polnischen Regierung passende Konzeption: Sie will den nationalsozialsozialstischen Völkermord mit kommunistischen Verbrechen vermengen und reproduktive Rechte von Frauen und LGBT-Personen verteufeln.Da es schlichtweg keine wissenschaftliche Grundlage dafür gibt, das Abschlachten von Patienten im Nationalsozialimus in einem Atemzug mit Schwangerschaftsabbrüchen zu nennen, muss man annehmen, dass die Ausrichter der Konferenz nicht Wissenschaft betreiben wollen. Umso bedauerlicher, dass eine eigentlich der Neutralität und der Wissenschaft verpflichtete Institition wie das Staatsarchiv Zielona Gora sich für so etwas hergibt.
Live verfolgen kann man die Konferenz heute ab 16:00 auf youtube.
Kategorie | Geschichtspolitik |
Schlagwort | Polen |
Verknüpfungen | Landesheilanstalt Meseritz-Obrawalde (Meseritz (Międzyrzecz)) |
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- Gedenken19.01.2023
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Der 27. Januar ist der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Jahr 2023 steht er im Zeichen der Erinnerung an die Menschen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bzw. geschlechtlichen Identität im Nationalsozialismus verfolgt wurden. Ebenso wird an diesem Tag der Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie"-Opfer gedacht. Zur besseren Orientierung haben wir eine Karte erstellt, die alle bekannten Veranstaltungen zu diesem Thema zusammenfasst. Sie kann unter diesem Link angesehen werden.AutorSchlagwortVerknüpfungenDenkmal und Gedenkstätte für die ‚Wasserburger Opfer‘ des Nationalsozialismus am Heisererplatz (Wasserburg am Inn), Heil- und Pflegeanstalt Teupitz (Asklepios Fachklinikum Teupitz, Teupitz), Heilanstalt Weinsberg (Klinik am Weissenhof Zentrum für Psychiatrie Weinsberg, Weinsberg), Lern-und Gedenkort "Medizinverbrechen im Nationalsozialismus" (Medizinhistorisches Museum Hamburg, Hamburg), T4-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel (Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg/Havel, Brandenburg/Havel), T4-Tötungsanstalt Hadamar (Gedenkstätte Hadamar, Hadamar), T4-Tötungsanstalt Pirna-Sonnenstein (Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein, Pirna), Tiergartenstraße 4 (Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde, Berlin)
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