
Freundeskreis Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof
Initiative in Berlin
Der Freundeskreis Gedenkort Alter Anstaltsfriedhof hat sich im Juni 2014 gegründet und trifft sich bisher in unregelmäßigen Abständen in der Dietrich - Bonhoeffer - Kirche auf dem Gelände der ehemaligen Karl- Bonhoeffer Nervenklinik (KaBoN), heute Vivantes Humboldt-Klinikum.
Hier treffen sich Angehörige, ehemalige Mitarbeiter, Anwohner und Interessierte auf Einladung des Klinikpfarrers, um gemeinsam zu überlegen, wie es mit dem Friedhof weitergeht und was der Freundeskreis dafür tun kann. Auch Informationen über neueste Erkenntnisse, über die Sitzungen der BVV und über Aktivitäten werden hier ausgetauscht.

Der Freundeskreis möchte besonders dafür sorgen, das hier Angehörige in einem geschützten Rahmen zu Wort kommen und von ihren Erlebnissen berichten können.
InitiativeHeil- und Pflegeanstalt | |
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Adresse | Oranienburger Straße 285 13437 BerlinRoutenplaner |
Links | Webseite des Freundeskreises Alter Anstaltsfriedhof |
Kontakt | Frau Irmela Orland E-Mail schreiben |
Angebot | Führungen, Angehörigenarbeit |
Hintergrund
Im Jahre 1880 eröffnete die Irrenanstalt der Stadt Berlin zu Dalldorf. Zur gärtnerischen Gesamtanlage gehörte auch ein Begräbnisplatz am südwestlichen Ende des Grundstücks. Als Anstaltsfriedhof wurde er formlos mit der ersten Beerdigung eingeweiht.
Der Friedhof ist als Waldfriedhof angelegt. Das dreieckige Grundstück ist durch den Hauptweg, welcher sich um das gesamte Areal zieht und abzweigende Nebenwege gegliedert. Diese führten ursprünglich auf ein Rondell in der Mitte des Friedhofes. Die heute noch erkennbaren Brunnen deuten die Abzweigungen der Nebenwege an. Hier angeordnete Reihengräber der Patienten standen den Wahlgräbern auf der anderen Seite des Hauptweges gegenüber. Auch Pflegekräfte und Ärzte konnten sich auf dem Anstaltsfriedhof bestatten lassen. Das klassizistisch anmutende Grabmal von Direktor Dr. Kortum und seiner Familie, war noch bis in die 90-er Jahre zu sehen.
Der Friedhof war mit einer roten Backsteinmauer umschlossen, deren Pfeiler durch eingelassene Kreuze verziert waren. An der äußersten Ecke rundete sich die Mauer ähnlich einem Pavillon, von den Berlinern „kleine Neugierde“ genannt.
Die Bestattungen nahmen in der Leichenhalle, die als Friedhofskapelle gestaltet war, ihren Ausgang. Eine lange Baumallee führte auf das Eisengittertor zu, von dem bis heute die Verankerung zu erkennen ist.Die seelsorgerliche Betreuung der Heilstätten lag seit Beginn beim Pfarramt Dalldorf. Zu den Amtshandlungen zählten auch Beerdigungen. Für die Jahre 1934 und 1935 verzeichnet das Kirchenbuch nur drei Bestattungen. Sprunghaft steigt dann die Zahl an.
Zwischen 1933-1945 starben in den Wittenauer Heilstätten 4.607 Patienten (laut Sterberegister der Wittenauer Heilstätten).
In der Nachkriegszeit wurde der Friedhof noch bis 1958 belegt. Patientenverwaltungsakten dokumentieren, dass Angehörigen die Grabpflege oblag.
Besonders in den ersten Nachkriegsjahren suchten Familien nach den Umständen des Todes ihrer Angehörigen und verlangten Auskunft nach deren Grablagen. Über die Beerdigung waren sie häufig nicht informiert worden.
Während der 30-jährigen Ruhezeit bis zur Aufhebung 1988 pflegte die Klinik das Gelände. Zeitzeugen erinnern sich, dass Gruppen jugendlicher Patienten, angeleitet von Betreuern, diese Arbeiten ausführten. Der ärztliche Direktor ab 1957, Dr. Rudolf Klaue, war NSDAP - Mitglied und begann seinen Werdegang am Kaiser Wilhelm - Institut für Hirnforschung in Buch. In seine Amtszeit fällt die Umbenennung in Karl-Bonhoeffer-Heilstätten und die Schließung des Friedhofs.
Mit Ausnahme der in den Endkämpfen gefallenen Soldaten, die unter das Gräbergesetz gestellt worden waren, fanden die weiteren Opfer keine Würdigung.
Die Chronik „100 Jahre Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik“ schreibt daher: „hier auf diesem Friedhof befinden sich naturgemäß besonders anrührende Spuren der Vergangenheit. 70 Jahre lang wurden hier Patienten beigesetzt, die ohne Angehörige verstorben waren oder deren Angehörige keinen besonderen Bestattungsplatz gewählt hatten. Der Anblick der Grabsteine, die uns von verwehten Schicksalen künden und der vielen Gräber, die nicht gekennzeichnet sind, lassen sicher den Betrachter nachdenklicher zurück gehen, als er gekommen war.“
Die allgemein gehaltene Beschreibung argumentiert weiterhin mit dem Auswahlkriterium des T-4-Meldebogens, der Patienten mit wenig Kontakt zu Angehörigen bevorzugt selektierte.
Im Jahr 1995 wurde dann der Friedhof aufgehoben und die Grabsteine entfernt. Die 39 Kriegsgräber wurden auf die Kriegsgräberstätte Freiheitsweg verlegt.
In seinem heutigen Zustand hat der Friedhof keinen Denkmalwert und besitzt durch die Neubauten der 60- er Jahre auf den ehemaligen Rieselfeldern auch keinen Zusammenhang mehr mit der denkmalgeschützten Gesamtanlage.
Das Friedhofsbuch, welches Angehörige noch in den 80-er Jahren einsehen konnten, bleibt verschwunden. So ist heute nicht mehr nachzuvollziehen, wo die Toten der NS-Zeit begraben liegen.
Der Freundeskreis hat es sich zum Ziel gesetzt, den alten Anstaltsfriedhof aus dem Vergessen zu holen und ihn als authentischen Gedenkort zu erhalten und damit das Erinnern für immer wachzuhalten. Am 27. Januar 2017 gestaltete der Freundeskreis eine Gedenkfeier in Erinnerung an die verstorbenen der Wittenauer Heilstätten aus Anlass des Holocaustgedenktages. Der Freundeskreis ist darum bemüht, auch Kontakte zu anderen Gedenkstätten und einzelnen Initiativen, die sich mit dem Thema Euthanasie und Zwangsarbeit in der NS - Zeit beschäftigen aufzunehmen. Hier soll es vor allem um einen gemeinsamen Austausch von Erfahrungen in der Arbeit oder dem jeweiligen Projekt gehen.
Orte Initiativen Gedenkstätten Biografien
Berlin
In Berlin wurden die NS-"Euthanasie"-Verbrechen vorbereitet und organisiert. Hier stand die Villa an der Tiergartenstraße 4, hier gab es große psychiatrische Einrichtungen am Rande der Stadt, wo Patienten getötet wurden oder von wo aus sie deportiert wurden.In Berlin gibt es auch eine Reihe von Initiative, die Forschungs-, Bildungs- und Gedenkarbeit leisten.
Dank einer Förderung der Berliner Landeszentrale für politische Bildung präsentieren wir Orte und Initiativen in Berlin, an denen NS-"Euthanasie"-Verbrechen stattfanden, wo Täter wohnten und Opfer lebten und ermordet wurden. Die Landeszentrale ermöglichte es uns, für Berlin eine Auswertung in einer hohen Detailstufe vorzunehmen.
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Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Viele Orte, an denen NS-"Euthanasie"-Verbrechen stattfanden, haben mit einander zu tun. Patienten wurden zwischen Anstalten hin- und hergebracht, Täter arbeiteten an identischen Orten. Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Es ist daran gedacht, in Zukunft noch besser den Netzwerkcharakter der Aktion T4 abbilden zu können.
Assoziative Verbindungen
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