
Marie Beuster (b. Kersten)
Zuschneiderin from Berlin (Evangelical)
Marie Kersten wurde am 18. Februar 1878 in Berlin geboren und evangelisch getauft. Sie besuchte die Volksschule und erlernte den Beruf einer Zuschneiderin. 1901 heiratete sie und bekam 1904 einen Sohn.
Nach Beschreibung des Ehemannes sei die Ehe glücklich gewesen.
Am 18. Mai 1907 wurde Marie Beuster, 29-jährig, in die Wittenauer Heilstätten (heute Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik) überwiesen und in Haus 8 aufgenommen. Die Diagnose des Arztes in der Aufnahme lautete: „Schizophrenie“. Aus den Unterlagen geht hervor, dass sie nach einem Aufenthalt von 278 Tagen „mit gebessertem Zustand“ entlassen wurde.
Erst mehr als 30 Jahre später, am 11. November 1939, wurde Frau Beuster zum zweiten Mal in die Heilstätten eingewiesen. Im Aufnahmebericht heißt es: „Wurde zwei Tage vor der Einweisung auffällig. Sprach sehr viel.“ Der Ehemann berichtete, dass sich von der ersten Erkrankung 1907 in den späteren Jahren nichts mehr gezeigt habe. Seit Jahren habe seine Frau aber viele Aufregungen durchzumachen gehabt. Sie sei auch etwas vergesslicher geworden. In den letzten Monaten habe sie die Enkelkinder betreuen müssen; darüber sei es wohl zu Streitigkeiten mit dem Sohn gekommen.
Im August 1940 wurde Marie Beuster auf Wunsch der Angehörigen vorübergehend nach Hause entlassen, im November desselben Jahres jedoch erneut eingewiesen, da die Pflege durch den Ehemann nicht mehr gewährleistet werden konnte. In Wittenau wurde sie zunächst mit Hausarbeiten, später mit dem Zupfen von Lumpen beschäftigt. Das Krankheitsbild von Marie Beuster wurde am 15. Januar 1943 wie folgt beschrieben: „Verschlechtert sich mehr und mehr, leistet kaum noch Arbeit. Vorgeschlagen zur Verlegung in die Provinz.“
Am 29. Januar 1943 wurde Marie Beuster in die Heil- und Pflegeanstalt Obrawalde bei Meseritz (rund 150 Kilometer östlich von Berlin, heute in Polen gelegen) deportiert. Die Anstalt Obrawalde war unter den Nationalsozialisten eine Tötungsanstalt, in der mehrere Tausend psychisch kranke Menschen ermordet wurden.
Der letzte Eintrag in Marie Beusters Krankenakte vom 13. April 1943 lautete: „Exitus letalis, Altersschwäche.“ Tatsächlich lassen die Umstände ihres Todes darauf schließen, dass die nicht mehr arbeitsfähige, alte und kranke Frau kurz nach ihrer Ankunft in Obrawalde mit einer Überdosis Medikamenten vergiftet wurde.
Die Biografie wurde von Steffi Krause und Tobias Neubert erarbeitet.
Gedenken
Am 5. Mai 2003 wurde ein Stolperstein für Marie Beustert am Haßlinger Weg 9 in Berlin-Reinickendorf verlegt.
Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Alle Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen haben ihre Individualität. Manche wurden jedoch aus ähnlichen Motiven verfolgt, einige teilten zum Beispiel Gewaltererfahrungen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Andere wiederum wurden doppelt sigmatisiert: Weil sie als psychisch krank und behindert galten und als homosexuell und jüdisch definiert wurden.
Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.
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Neueste und hervorgehobene Biografien von Opfern
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