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Perpetrator biography
Hedwig Michael
18881966

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Hedwig Michael (b. Schüttler, Death name Michael)
from Stahnsdorf (Brandenburg)

b. 06/12/1888 in Berlin
d. 09/17/1966 in Potsdam-Babelsberg (Brandenburg)

Unter dem Mädchennamen Schüttler am 12. Juni 1888 in Berlin geboren, wurde Hedwig Michael 1931 Mitglied der NSDAP. 1935 trat sie der NS-Frauenschaft bei. Seit 1934 arbeitete sie als Krankenpflegerin in den ›Wittenauer Heilstätten‹ , einer Nervenheilanstalt in Berlin.

Von Malte Holler

Biography created on 01/17/2018, last update on 11/07/2022

Grafeneck, Hadamar, Tiergartenstraße 4

 Im Dezember 1939 ließ sie sich für das geheime ›Euthanasie‹-Programm anwerben. Bei einem ersten Treffen im Berliner Columbus-Haus, dem ersten Dienstsitz der Zentrale der späteren ›Aktion T4‹, erfuhr sie nähere Details über Bedeutung, Ziele und Umfang des Vorhabens. Sie verpflichtete sich, über den Gegenstand ihrer Arbeit strengstes Schweigen zu bewahren. Anfang 1940 begann Hedwig Michael ihren Dienst in den ›Euthanasie‹-Mordzentren.
Etwa eineinhalb Jahre lang war sie – zuerst als Pflegerin, dann als Oberpflegerin – in den Tötungsanstalten Grafeneck und Hadamar tätig. Sie selbst gab später an, dort an der Ermordung von ungefähr 400 bis 500 Menschen mitgewirkt zu haben. Die Gesamtzahl der ermordeten Männer, Frauen und Kinder betrug in Grafeneck im Jahr 1940 mehr als 10.600 Personen, in Hadamar zwischen Januar und August 1941 etwa 10.000.

In den Vernichtungsstätten half Hedwig Michael dabei, nach dem Eintreffen eines Transports die Todeskandidaten zu registrieren und zu entkleiden. Sie assistierte auch bei den ärztlichen Untersuchungen, bei denen die Opfer noch ein letztes Mal »begutachtet« wurden. Am eigentlichen Tötungsvorgang in den Gaskammern selbst war sie nicht beteiligt, jedoch an der Verwaltung der Nachlässe der Ermordeten.
Nach dem Krieg sollte sie erklären, zwar die Entscheidung der Ärzte nicht in allen Einzelfällen geteilt, die ›Euthanasie‹-Morde aber grundsätzlich gebilligt zu haben. Widerstrebt hätten ihr lediglich die willkürliche Verfahrensweise bei den Selektionen und die fehlenden gesetzliche Grundlage.

Als sie im Juli 1941 bei einem Bombenangriff auf Köln die rechte Hand verlor, schied Hedwig Michael aus dem Dienst in den Mordzentren aus, blieb aber weiterhin für die ›Aktion T4‹ tätig. Nach einer Umschulung zur Sekretärin arbeitete sie als Bürokraft in der Verwaltungszentrale in Berlin.
Ihre neue Dienststelle war die »Zentralverrechnungsstelle Heil- und Pflegeanstalten«, eine der ›T4‹-Tarnorganisationen, die für Schriftwechsel mit Angehörigen und anderen Kostenträgern zuständig war, um die Pflegekosten – so genannte »Verwahrgelder« – einzutreiben. Dabei stellte die Verrechnungsstelle häufig noch Pflegegelder für Patienten in Rechnung, obwohl diese bereits ermordet worden waren, und erwirtschaftete dadurch Überschüsse zur zusätz-lichen Finanzierung der ›Euthanasie‹.

Leben nach 1945

1943 wurde Hedwig Michael ausgebombt und nach Greiz in Thüringen evakuiert, wo sie auch nach dem Krieg wohnhaft blieb. Im Dezember 1946 wurde sie verhaftet und im Februar 1947 am Landgericht Gera eine Voruntersuchung gegen sie eröffnet. Weil das Gericht keine ausreichenden Gründe für eine Verurteilung wegen Beihilfe zum Mord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorfand, wurde das Verfahren im September 1947 eingestellt.
Kaum fünf Wochen nach ihrer Entlassung wurde Hedwig Michael – mittlerweile per Haftbefehl auch von westdeutschen Gerichten gesucht – im Oktober erneut in Haft genommen. Am 19. Dezember 1947 verurteilte sie das Landgericht Weimar in Jena wegen Unterstützung des Nationalsozialismus zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis. Eine Verurteilung wegen der Mordverbrechen konnte aufgrund des vorausgegangenen Freispruchs nicht mehr erfolgen.
Eine neue Anklage wegen Beihilfe zum Mord und wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit konnte erst erhoben werden, als das frühere Urteil durch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Gera aufgehoben worden war. Auf dieser Grundlage wurde die ehemalige "Euthanasie"-Schwester schließlich am 29. Juni 1948 auch zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die gesamte über sie verhängte Haftstrafe betrug also drei Jahre und zehn Monate. Hedwig Michael lebte später in Stahnsdorf bei Berlin und verstarb 78-jährig am 17. September 1966 in einem Altenheim in Potsdam-Babelsberg.

Assoziationen

Assoziationen
As­so­zi­a­tive Beziehungen und Verknüpfungen

Alle Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen haben ihre Individualität. Manche wurden jedoch aus ähnlichen Motiven verfolgt, einige teilten zum Beispiel Gewaltererfahrungen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Andere wiederum wurden doppelt sigmatisiert: Weil sie als psychisch krank und behindert galten und als homosexuell und jüdisch definiert wurden.
Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.

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Literaturverweise

Ausgewählte Literatur zum Thema

Urteil gegen Hedwig Michael
2007, München/Amsterdam

StKs 17/47, LG Weimar vom 29. Juni 1948. In: DDR-Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung ostdeutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen. (Band 10, Nr. 1591)

AuthorC.F. Rüter (Hg.)

Grafeneck 1940.
2002, Tübingen

Die Euthanasie-Verbrechen in Südwestdeutschland

AuthorThomas Stöckle
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