
Martha Jentsch (b. Dame)
Hausfrau from Berlin
Martha Jentsch wurde am 10.12.1880 in Wriezen an der Order geboren. Sie wohnte in der Ebersstraße 72 in Berlin-Schöneberg. Im Jahr 1907 heiratete sie einen Ingenieur, vorher hatte sie im Laden der Eltern gearbeitet. Sie war Hausfrau und bekam 1912 einen Sohn. Ihre Schwester versorgte sie mit.
Seit dem Herbst 1941 litt sie an einer Depression, wegen der sie mehrmals im Berliner Krankenhaus Westend und in einem Privatkrankenhaus in Bernau in Behandlung war. Ende März 1942 wurde sie auf Anweisung eines Schöneberger Arztes in die Heilanstalten Wittenau eingewiesen. Die von einem Arzt bei ihrer Aufnahme niedergeschriebene Lebensgeschichte lässt vermuten, dass Martha Jentsch stark an den Auswirkungen des Krieges litt. Ihre Depressionen seien nach einem vergeblichen Versuch, Kleider zu kaufen, aufgetreten. Mit ihrer Einweisung nach Wittenau war sie offenbar nicht einverstanden. Sie hatte aber starke Schuldgefühle gegenüber anderen Frauen, die „ihren Mann stehen“; deshalb sei sie „das Erschießen wert“. Zur Behandlung ihrer Depression wurde bei Martha Jentsch eine Opiumkur durchgeführt, die aber nicht wirksam war. Mitte des Jahres 1943 wurde sie in der Patientenakte als gesund beschrieben, weshalb sie am 13.7.1943 als gebessert nach Oebisfelde zu ihrem Sohn entlassen wurde. Damit war Martha Jentsch aber nicht einverstanden und es kam zu Unstimmigkeiten zwischen ihr und ihrem Sohn. Dieser brachte sie im November 1943 wieder nach Wittenau, worüber Martha Jentsch „sehr empört“ war. Sie vermutete, dass ihr Ehemann sie mit einer jüngeren Frau betrüge und sich ihrer entledigen wolle.
Laut Diagnose des Aufnahmearztes zeigte sie keinerlei Krankheitssymptome, trotzdem wurde sie am 6.4. 1944 nach Meseritz-Obrawalde verlegt. Nur fünf Tage später soll sie an einer Lungenentzündung erkrankt sein, an der sie am 17.5. 1944 verstorben sein soll. Es steht zu vermuten, dass Martha Jentsch Opfer der in Meseritz-Obrawalde verübten Morde durch die Gabe von Überdosen von Medikamenten wurde.
Text: Robert Parzer
Quellen
Die Krankenakte zu Martha Jentsch ist im Staatsarchiv Gorzów Wielkopolski unter der Signatur 256/1668 überliefert.
Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Alle Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen haben ihre Individualität. Manche wurden jedoch aus ähnlichen Motiven verfolgt, einige teilten zum Beispiel Gewaltererfahrungen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Andere wiederum wurden doppelt sigmatisiert: Weil sie als psychisch krank und behindert galten und als homosexuell und jüdisch definiert wurden.
Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.
Label for topic field associations
These links will lead you to filtered search pages of victim biographies
Biographies connected to ‚Martha Jentsch‘
Show all 13 victim biographies linked with ‘Martha Jentsch’ in overview.
Sie haben mehr Informationen oder Anmerkungen zu 'Martha Jentsch'?
Bitte helfen Sie uns bei der Vervollständigung der Biografie von 'Martha Jentsch'. Wenn Sie mehr wissen, Bild- oder anderes Material haben, würden wir uns sehr freuen, mit Ihnen in Kontakt zu kommen.
Bereits während der Schreckensherrschaft des NS-Regimes wurden viele Dokumente vernichtet. Nach 1945 herrschte lange ein Klima des Schweigens und Verdrängens. Wir wollen dazu beitragen, die Opfer wieder sichtbar zu machen. Dabei sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Neueste und hervorgehobene Biografien von Opfern
Die Sammlung von Opferbiographien begann im Jahr 2010 und wächst seither stetig. Hier sehen Sie Biografien, die kürzlich hinzugefügt wurden und solche, die aus Anlass eines Jahrestages oder Ereignisses hervorgehoben wurden. Angehörige und Erinnerungsinitiativen haben sie uns zur Verfügung gestellt.