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Historischer Ort: Denkmal der Grauen Busse, Porträt 6
Victims biography
Otto Eder
18841940

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Otto Eder
Kaufmann from Stuttgart (Baden-Württemberg)

b. 12/14/1884 in Ravensburg (Baden-Württemberg)
d. 08/28/1940 in Grafeneck (Baden-Württemberg)

Von Paul-Otto Schmidt-Michel

Otto Eder1, am 14.12.1884 in Ravensburg geboren,wurde am 28.4.1924 in die Anstalt Weißenau auf genommen. Sein damaliger Wohnsitz war in Stuttgart, er war dort verheiratet und mit seiner Frau Elsa, geb. Henkel, hatte er vier Kinder. Von Beruf war er Kaufmann.

  1. Bundesarchiv, Bestand R 179, Nr. 24720, 32 Seiten – diverse Handschriften.
Biography created on 05/07/2018, last update on 05/31/2018

Hintergrund seiner Hospitalisierung war ein Banküberfall auf die württembergische Vereinsbank in Stuttgart am 1.9.1923, wo er Bankangestellter war. Bei diesem Überfall erhielt er einen Schlag von einem der Täter (die nicht gefasst wurden, trotz Ausschreibung von 3.000 Goldmark) auf den Kopf, in dessen Folge er vier Wochen bewusstlos war. Nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus hatte sich sein Wesen verändert, er hatte keine Energie mehr, wurde interesselos, vernachlässigte seine Hygiene, ging nicht mehr zur Arbeit und bedrohte Frau und Kinder. Daraufhin wurde er im Bürgerhospital Stuttgart aufgenommenund nach einigen Monaten nach Weißenau
verlegt.

Im Aufnahmebefund wird seine schulische und beruflicheBiographie kurz geschildert. Er besuchte zunächst die Volksschule in Ravensburg, dann die Realschule – auf Grund einer Rückgratverkrümmung und der folgenden Gipsbettbehandlung konnte er ein Jahr nicht mehr zur Schule gehen und ging danach auf die Volksschule zurück. Nach der Schule erfolgte eine Ausbildung zum Kaufmann, seine erste Anstellung war danach in der Maschinenfabrik in Weingarten „als Correspondent“. 1905 wechselte er zunächst nach Reutlingen in eine Nähmaschinenfabrik, 1914 dann zu Daimler in Untertürkheim und schließlich 1921 in die württembergische Vereinsbank Stuttgart.

Diagnostiziert wird in Weißenau „Hirntrauma“. Auf der aufnehmenden Station wird er als freundlich und geordnet beschrieben, er habe eine „kindliche Ängstlichkeit“, halte sich für gesund und füge sich in die Hausordnung. Er bleibt ununterbrochen bis 1940 in der Anstalt Weißenau. In diesen 16 Jahren ändert sich sein Verhalten wenig, er bleibt „stets für sich“, schläft viel auch tagsüber, „ab und zu schimpft er über seinen Anstaltsaufenthalt, über das Essen, die Abteilung, die Pfleger und Ärzte, sonst ruhig“. Das Personal versucht, ihn stets zu einer Arbeit in der Anstalt zu motivieren, was er viele Jahre verweigert. Schließlich, im Mai 1931 heißt es: „Rückt neuerdings mit der Karrengruppe aus - 1das Ausrücken bekommt ihm sichtlich gut“. Jedoch bereits im Juni 1931 interveniert seine in Ravensburg lebende Mutter: „Auf Wunsch der unverständigen
Mutter unterbleibt das Ausrücken“.

Erst 1937 beginnt er „bei den Hausarbeiten mitzuhelfen“. Über die ganzen Jahre heißt es immer wieder „besorgt sich selbst2, still für sich, ruhig, geordnet“. In den ersten Jahren weichen nur zwei Einträge davon ab, in denen er „den Kommunismus hochleben läßt“ und „die Internationale singt“. Zu seinen Angehörigen scheint er auf Distanz gegangen zu sein. Ab 1925 und danach wird immer wieder eingetragen, dass er nicht dazu zu bewegen sei, seiner Frau und seinen Kindern Briefe zu schreiben. 1926 steht geschrieben: „Hat in letzter Zeit seine Angehörigen, Schwester und Mutter, beschimpft“. Außer dem oben zitierten Arbeitsverbot der Mutter ist mehr zu den Besuchen der Angehörigen nicht zu erfahren.

Ab 1937 gibt es in der Krankengeschichte kaum mehr Einträge, sie reduzieren sich auf „selbstständig, lächelt still vor sich hin“ und der letzte Eintrag am 16.3.1940 heißt „ruhig, geordnet“.


Otto Eder wird am 28.8.1940 mit 75 anderen Opfern von einem der grauen Busse in Weißenau abgeholt und am selben Tag in Grafeneck
ermordet.

  1. Die häufige Wendung in den Aktenkommentaren „rückt aus“ meint die Teilnahme der Patienten an den Arbeitseinsätzen im Klinikgelände (Gartenarbeiten etc.).
  2. Die ebenfalls häufige Verwendung der Wendung „besorgt sich selbst“ meint, dass diese Patienten keiner Pflege bedurften (Waschen, Füttern, besondere Aufsicht etc.).
Assoziationen

Assoziationen
As­so­zi­a­tive Beziehungen und Verknüpfungen

Alle Opfer der NS-"Euthanasie"-Verbrechen haben ihre Individualität. Manche wurden jedoch aus ähnlichen Motiven verfolgt, einige teilten zum Beispiel Gewaltererfahrungen in ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Andere wiederum wurden doppelt sigmatisiert: Weil sie als psychisch krank und behindert galten und als homosexuell und jüdisch definiert wurden.
Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Sie ermöglichen es auch, geographische Beziehungen in unserer Datenbank zu recherchieren. Sie können also erforschen, wer am selben Ort oder Region lebte, wer in der selben Anstalt lebte und ermordet wurde.

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