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Historischer Ort: Kloster Irsee, Klosrerkirche
Kloster Irsee
Schwäbisches Bildungszentrum Irsee
Kloster Irsee
Schwäbisches Bildungszentrum Irsee

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Kloster Irsee (Schwäbisches Bildungszentrum Irsee)
Psychiatric hospital and nursing home in Irsee

Von Dr. Stefan Raueiser

Nach der Säkularisation wird in Kloster Irsee am 1. September 1849 die erste stationäre Psychiatrie in Schwaben, die „Kreis-Irrenanstalt Irsee“ für etwa 80 Patienten eröffnet. Unter dem ärztlichen Gründungsdirektor Dr. Friedrich Wilhelm Hagen (1849–1859) wird Irsee zu einem Ort, an dem psychisch Kranke nicht nur verwahrt, sondern nach den damaligen medizinischen Gesichtspunkten versorgt werden. Zwangsmaßnahmen sollen vermieden werden, Arbeiten in verschiedenen Werkstätten, Unterricht in schulischen Elementarfächern, in Musik und Gesang sowie Theateraufführungen sind überliefert.

Psychiatric hospital and nursing homeMemorial, Stumbling stone

AddressKlosterring 4
87660 IrseeDirections
LinksWebseite des Schwäbischen Bildungszentrums Irsee
ContactMr Dr. Stefan Raueiser
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Die Zahl der Patienten steigt in kurzer Zeit auf über 300 Personen an, so dass man sich unter dem zweiten Direktor Dr. Johann Michael Kiderle (1859–1891) entschließt, nach Plänen von Kreisbaumeister Georg Freiherr von Stengel einen Neubau zu errichten, der am 1. August 1876 als „Bayerische Heilanstalt für Geisteskranke in Kaufbeuren“ eröffnet wird.

 

Klosterkirche Irsee, Urheber: Mattana - Selbst fotografiert, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5800622

Irsee fungiert fortan als Zweigstelle von Kaufbeuren, überwiegend für chronisch kranke Patientinnen und Patienten.


Die Zustände in den überfüllten Krankenhäusern, die Mangeljahre in und nach dem Ersten Weltkrieg, vor allem aber die Klassifizierung von gesellschaftlich angeblich nutzlosen Menschen und unheilbaren Patienten als „Ballastexistenzen“ und „lebensunwertes Leben“ führt zu den nationalsozialistischen Krankenmorden.

Nach dem auf den 1. September 1939 datierten „Euthanasie-Erlass“ werden unter dem ärztlichen Direktor Dr. Valentin Faltlhauser (1929–1945) in den Jahren 1940 und 1941 400 Menschen von Irsee aus in Tötungsanstalten nach Grafeneck in Württemberg und Hartheim bei Linz deportiert. Nach Einstellung dieser „Aktion T4“ im August 1941 werden Patienten nach dem „Hunger-Erlass“ des Bayerischen Innenministeriums vom 30.11.1942 in den Heil- und Pflegeanstalten selbst durch sog. Schmal- oder Entzugskost („E-Kost“), aber auch mit Tabletten und Injektionen ermordet. Ihre Leichen werden auf anstaltseigenen Friedhöfen bestattet oder in einem in Kaufbeuren eigens errichteten Krematorium verbrannt. Dadurch sterben in Irsee bis Kriegsende nochmals über 800 Menschen – unter ihnen mehr als 70 Kinder und Jugendliche, von denen das Schicksal von Ernst Lossa (1929–1944) durch die Roman-Biografie, den Kinofilm und das Theaterstück „Nebel im August“ besondere Aufmerksamkeit erhält. Die Täter – Verwaltungsangestellte, Ärzte und Pflegepersonal – kommen nach dem Krieg mit nur geringen Haftstrafen davon.

Gedenken und Erinnerung

1972 wird die Pflegeanstalt Irsee aufgrund gravierender baulicher Mängel geschlossen. Nach umfangreichen Sanierungen wird die Klosteranlage im Sommer 1981 als Tagungs-, Bildungs- und Kulturzentrum des Bezirks Schwaben neu eröffnet. In Erinnerung an die Patiententötungen und „Euthanasie“-Verbrechen wird bereits im November 1981 auf dem zwischen 1944 und 1972 als Patientenfriedhof genutzten Areal unmittelbar neben der Klosterkirche das Monument „Lass mich Deine Leiden singen“ des Allgäuer Künstlers Martin Wank eingeweiht. Über ein Jahrzehnt später wird die ehemalige „Prosektur“ der Anstalt als authentischer Ort des Verbrechens entdeckt und zur Gedenkstätte gewidmet. 2009 und 2015 werden vor der Fassade von Kloster Irsee STOLPERSTEINE des in Köln lebenden Künstlers Gunter Demnig gesetzt, um der etwa 1.200 Irseer Opfer der NS-„Euthanasie“ auch namentlich zu gedenken. Darüber hinaus findet seit 2010 jährlich am Allerheiligentag auf dem ehemaligen Patientenfriedhof die Gedenkveranstaltung „Lichter gegen das Vergessen“ statt.
In der Marktgemeinde Irsee befinden sich weitere Gedenktafeln für die „Euthanasie“-Opfer am früheren „Seuchenfriedhof“ und auf dem Gemeindefriedhof an der St.-Stephans-Kirche.

 

Literatur

Das Schwäbische Bildungszentrum Irsee und das Bildungswerk des Bayerischen Bezirketags haben Forschungen zur Psychiatriegeschichte von Kloster Irsee initiiert und im Grizeto-Verlag Irsee publiziert.
www.bildungswerk-irsee.de/publikationen

www.kloster-irsee.de/bildung-kultur/publikationen

 

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