
Landesheilanstalt Meseritz-Obrawalde
Psychiatric hospital and nursing home in Meseritz (Międzyrzecz)
1904 erfolgte die Eröffnung der Anstalt als „Provinzial-Irrenanstalt Obrawalde bei Meseritz“ als vierte „Irrenanstalt“ der Provinz Posen. Damit war sie ein Beispiel für die in Preußen typische Art der Fürsorge für Geisteskranke, die den selbst verwalteten Provinzialverbänden oblag. Die Anstalt lag auf einem 114 Hektar großen Gelände eines ehemaligen Gutes. 1922 kam sie im Zuge der Umorganisation der preußischen Ostprovinzen nach den durch den Versailler Vertrag bestimmten Gebietsabtretungen an Polen zur neu geschaffenen Provinz „Grenzmark Posen-Westpreußen“. Da sie für diese Provinz als reines psychiatrisches Krankenhaus überdimensioniert war, kamen andere medizinische Abteilungen hinzu. 1938 wurde die Provinz aufgelöst, Meseritz-Obrawalde kam territorial zu Brandenburg, die Anstalt wurde jedoch dem Provinzialverband Pommern zugeschlagen.
Psychiatric hospital and nursing homeMemorial, Museum, Psychiatric hospital | |
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Address | ulica Poznanska 109 66-300 Meseritz (Międzyrzecz)Directions |
Links | Geschichte des Krankenhauses in Meseritz-Obrawalde |
Contact | Phone number +48 (095) 742 8700 Write e-mail |
Opening time | Der Gedenkstein ist zu den Öffnungszeiten des Krankenhauses zugänglich. Die Ausstellung kann nach Voranmeldung besichtigt werden. |
Offer | Besichtigung, Führungen in polnischer Sprache |
Im Nationalsozialismus war die Selbstverwaltung stark eingeschränkt und durch das Führerprinzip ersetzt worden, sie wurde im Sinne der NS-Ideologie umorganisiert. In der Provinz bestanden eine Reihe an Besserungs-, Pflege- und Siechenheimen sowie Anstalten für Geisteskranke und für Taubstumme, zu denen Meseritz-Obrawalde als moderne und gut ausgestattete Krankenanstalt dazukam. Sie bestand aus acht Abteilungen, die neben der Heil- und Pflegeanstalt ein breites Spektrum an medizinischen Dienstleistungen bereit stellte. Bereits im März 1939 gab es in der Verwaltungsebene der Provinz Diskussionen über die Zukunft Meseritz-Obrawaldes. Im Sommer 1939 kam dann ein Vertrag mit der Stadt Berlin zustande, der die Belegung der gesamten Anstalt mit Geisteskranken aus der Hauptstadt möglich machte, woraufhin alle anderen Abteilungen geschlossen wurden. Geschlossen wurde auch mehrere andere Provinzialanstalten, viele Patienten in die neu eroberten Gaue Wartheland und Danzig-Westpreußen deportiert und dort von SS-Einsatzkommandos umgebracht. Bis Ende 1941 wurden so knapp 4000 Betten freigemacht, insgesamt fielen dieser Aktion, an der auch der spätere Direktor von Meseritz, Grabowski, mitwirkte, ca. 10.000 Patienten zum Opfer. Wie viele davon aus Meseritz stammten, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Auch im Zuge der T4-Aktion wurden Patienten aus Meseritz erfasst und getötet; Zeugnis darüber legen 166 Patientenakten des so genannten Z-Bestandes im Bundesarchiv ab. Ab 1942 wurde Meseritz unter Führung des als „wirtschaftlichen Direktors“ eingesetzten NS-Multifunktionärs Walter Grabowski Teil der dezentralen Euthanasie. Ein Merkmal dieser Umfunktionierung war die Kürzung der Ärztestellen auf drei, von denen zwei ausschließlich für den Krankenmord zuständig waren.
Die Tötungen begannen im Sommer 1942 in speziell dafür eingerichteten Sterbezimmern, in denen den Patienten von Pflegern tödliche Medikamentendosen verabreicht wurden. Ein anderes Merkmal war die Ausnutzung der Arbeitskraft der Patienten bis zum Äußersten in der Landwirtschaft, in Werkstätten und in Industriebetrieben. Teilweise waren die Arbeitsbedingungen denen in Konzentrationslagern ähnlich. Die Zahl derer, die in Meseritz-Obrawalde umkamen dürfte insgesamt um die 10.000 liegen, etwa 4.000 Patientenakten blieben erhalten. Die Ermordeten wurden meist in Massengräbern in der Umgebung der Anstalt bestattet oder in einem Krematorium in Frankfurt/Oder verbrannt.
Gedenken
Nach der Befreiung der Anstalt im Januar 1945 wurden die noch lebenden Patienten bis 1948 nach Deutschland überführt. Die Rote Armee organisierte noch 1945 einen Prozess gegen Amanda Ratajczak und Hermann Guhlke. DieTodesurteile wurden ausgesprochen und vollstreckt. In Berlin endete 1946 ein Verfahren gegen die Oberärztin Dr. Hilde Wernicke und die Oberschwester Hilde Wieczorek mit Todesurteilen, während in einem Verfahren vor dem Landgericht München im Jahr 1965 alle 14 angeklagten Pflegerinnen freigesprochen wurden. Der Haftbefehl gegen Grabowski wurde 1991 aufgehoben, da man annehmen musste, dass der 1895 geborene und nach 1945 spurlos Verschwundene zu diesem Zeitpunkt tot war. Unbekannt war zu diesem Zeitpunkt, dass Grabowski bereits 1946 in französischer Haft verstorben war.
1966 wurde ein Denkmal am Anstaltsfriedhof eingeweiht, 1973 eine Ausstellung im Verwaltungsgebäude des Krankenhauses eingeweiht. Diese Ausstellung kann heute noh unverändert betrachtet werden (nach Voranmeldung). In den 2010er Jahren scheiterte eine Erweiterung und Erneuerung der Ausstellung im Rahmen eines europäischen Projektes an fehlenden Eigenmitteln des Krankenhauses.
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Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Viele Orte, an denen NS-"Euthanasie"-Verbrechen stattfanden, haben mit einander zu tun. Patienten wurden zwischen Anstalten hin- und hergebracht, Täter arbeiteten an identischen Orten. Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Es ist daran gedacht, in Zukunft noch besser den Netzwerkcharakter der Aktion T4 abbilden zu können.
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