
T4-Tötungsanstalt Hadamar (Gedenkstätte Hadamar)
T4 Killing Site in Hadamar

1883 nahm in Hadamar eine Korrigendenanstalt ihren Betrieb auf. Aus ihr ging 1906 die Landesheilanstalt hervor. Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges nutzte die Wehrmacht das Gebäude als Reservelazarett. Ende 1940 ließ die "T4"-Zentrale Umbauten in der Landesheilanstalt durchführen, um sie als Tötungsanstalt für die "T4-Aktion" einzusetzen. Eine Gaskammer, ein Sezierraum und zwei Verbrennungsöfen wurden installiert sowie eine Busgarage erbaut.
T4 Killing SiteMemorial, Documentation center, Memorial site, Museum | |
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Address | Mönchberg 8 65589 HadamarDirections |
Links | Webseite der Gedenkstätte |
Contact | Phone number 06433 917-172 Fax number 06433 917-175 Write e-mail |
Offer | Führungen, Workshops, Führungen in leichter Sprache, Angehörigenarbeit |
Aktion T4
Graue Busse holten die Patientinnen und Patienten aus den "Zwischenanstalten" (Andernach, Eichberg, Galkhausen, Herborn, Idstein, Scheuern, Weilmünster, Weinsberg und Wiesloch) ab, in denen sie zunächst für einige Wochen untergebracht waren. Nach der Ankunft in Hadamar mussten die Patientinnen und Patienten in der verschlossenen Busgarage aussteigen und wurden in das Hauptgebäude geführt. Dort hatten sie sich zu entkleiden und dem Arzt vorzustellen. Dieser bestimmte anhand der mitgeschickten Patientenakte eine angeblich natürliche Todesursache für die später auszustellende Sterbeurkunde. Anschließend wurden die Patientinnen und Patienten von Schwestern und Pflegern in die im Keller gelegene Gaskammer geführt. Ihre Leichen beseitigten die "Brenner" in den beiden Krematoriumsöfen. Die Angehörigen erhielten einen so genannten "Trostbrief", der sie über das plötzliche Ableben informierte. Der angeblich krankheitsbedingte Tod wurde als Erlösung dargestellt. Die auf Wunsch zugesandte Urne enthielt – entgegen der Ankündigung - nicht die Asche der oder des Ermordeten.
Vom 13. Januar bis zum 24. August 1941 starben über 10.000 Opfer in der Hadamarer Gaskammer.

Morde ab August 1942
Im Rahmen der "zweiten Mordphase" übernahm die ehemalige Landesheilanstalt Hadamar erneut die Funktion einer Tötungsanstalt. Von August 1942 bis zum 26. März 1945 starben fast 4.500 weitere Opfer. Wer nicht schnell genug der gezielt eingesetzten Hungerkost oder der vorenthaltenen medizinischen Versorgung erlag, wurde durch überdosierte Medikamente getötet. Morgens entschieden Arzt, Oberschwester und Oberpfleger, welche Patientinnen und Patienten sterben sollten. Die Nachtschicht verabreichte dann den ausgewählten Opfern die tödlich wirkenden Medikamente. Ihre Leichen wurden auf dem eigens angelegten Anstaltsfriedhof in Massengräbern verscharrt. Die Patientinnen und Patienten waren in großen Transporten aus dem gesamten Reichsgebiet nach Hadamar gebracht worden. Darunter hatten sich u. a. auch Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter aus der ehemaligen Sowjetunion und Polen sowie Kinder mit einem jüdischen Elternteil befunden.

Juristische Aufarbeitung
Vom Personal in Hadamar waren an den Morden in den Jahren von 1941 bis 1945 aktiv beteiligt: fünf Ärzte, ein Verwaltungsleiter und weibliche sowie männliche Pflegekräfte. Sie mussten sich in zwei Nachkriegsprozessen für die von ihnen begangenen Verbrechen verantworten. Die Opfer wurden nach dem Krieg nicht als Verfolgte des NS-Regimes anerkannt und erhielten folglich keine Wiedergutmachung.

Für die Opfer der NS-Euthanasie-Verbrechen fanden nach Kriegsende zunächst Gedenkfeiern auf dem Anstaltsfriedhof statt. 1953 weihte Dr. Friedrich Stöffler, späterer Zweiter Landesdirektor des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (LWV), ein Relief im Haupteingang der damaligen Landesheilanstalt Hadamar ein. Es war das erste Mahnmal für NS-Euthanasie-Opfer in Deutschland. 1964 ließ der LWV als Träger des Psychiatrischen Krankenhauses Hadamar den Anstaltsfriedhof in eine Gedenklandschaft umwandeln.
Die Gründung der Gedenkstätte Hadamar, und damit der ersten deutschen NS-Euthanasie-Gedenkstätte, geht auf das Jahr 1983 zurück, als die historischen Kellerräume für Besucherinnen und Besucher geöffnet wurden. Ende der 1980er Jahre übernahm der LWV die Trägerschaft der Gedenkstätte und stattete sie mit Räumlichkeiten und Personal aus.
1990 wurde vor dem Hauptgebäude der ehemaligen Landesheilanstalt Hadamar eine Gedenkglocke eingeweiht, die auf Initiative der Arbeitsgemeinschaft Bund der "Euthanasie"-Geschädigten und Zwangssterilisierten errichtet wurde.
Die Gedenkstätte ist eine Archivaußenstelle des LWV, in der etwa 7.000 Patientenakten aus der Zeit von 1906 bis 1945 verwahrt werden. Es ist möglich, umfangreiche Recherchen in der Gedenkstätte durchzuführen.
Die Gedenkstätte beitet für Angehörige der in Hadamar ermordeten Menschen persönliche Gespräche und Betreuungen vor Ort an.
Bei der Einweihung des Mahnmals für die in Hadamar ermordeten NS-„Euthanasie“-Opfer, 18.9.1964 sprachen Martin Niemöller und der Anstaltsgeistliche Schlitt. Die Ansprachen sind erhalten und werden freundlicherweise vom Archiv des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen zu Verfügung gestellt.

Ansprache des Anstaltsgeistlichen Schlitt

Gedenken am 27. Januar 2023
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Assoziationen
Assoziative Beziehungen und Verknüpfungen
Viele Orte, an denen NS-"Euthanasie"-Verbrechen stattfanden, haben mit einander zu tun. Patienten wurden zwischen Anstalten hin- und hergebracht, Täter arbeiteten an identischen Orten. Diesen Verknüpfungen versuchen wir mit "Assoziationen" nachzugehen. Es ist daran gedacht, in Zukunft noch besser den Netzwerkcharakter der Aktion T4 abbilden zu können.
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- Diagnosen von Gewicht
- "Euthanasie"-Opfer der Nazis
- Arbeit und Zwang.
- Die besetzte Anstalt
- Ein Stolperstein für Benjamin
- Experten der Vernichtung
- Mensch achte den Menschen.
- Patientinnen und Patienten aus brandenburgischen Heil- und Pflegeanstalten
- Personal einer Tötungsanstalt
- Psychiatrie im Faschismus
- Urteil gegen Adolf Wahlmann u.a.
- Urteil gegen Hubert Gomerski und Johann Klier
- Vergessene Opfer. NS-Euthanasie in Hagen
- Verwaltung des Krankenmordes
- Was geschah in Hadamar in der Nazizeit?
- "Ich bin ohne Sinnen gestorben" - Leben und Leid der Rosa Schillings
- Heil- und Pflegeanstalt Konradstein (Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych im. S. Kryzana, Starogard Gdański)
- Landesheilanstalt Eichberg (Vitos Rheingau Klinik Eichberg, Eltville)
- Mahnmal für „NS-Euthanasie-Opfer“ Braunschweig (Gedenkstätte Friedenskapelle, Braunschweig)
- Stolperstein für Arnold Krings (Bad Camberg)
- Stolperstein für August Lümkemann (Osnabrück)
- Stolperstein für Benjamin Traub (Mülheim a.d. Ruhr)
- Stolperstein für Ernst Putzki (Hagen)
- Stolperstein für Franziska Knoche (Osnabrück)
- Stolperstein für Gertrud Stockhausen (Bärbroich)
- Stolperstein für Hermann Jelken (Bremen)
- Stolperstein für Johann Ruppel (Seligenstadt)
- Stolperstein für Johann Ruppel (Seligenstadt)
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- Stolperstein für Johannes Lakeberg (Osnabrück)
- Stolperstein für Lina Butterweck (Frankfurt/Main)
- Stolperstein für Margarethe Christine Duffy (Bad Camberg)
- Stolperstein für Marie Diesener (Osnabrück)
- Stolperstein für Selma Klein (Hadamar)
- Stolperstein für Wilhelm Bernhard Koch (Osnabrück)
- T4-Tötungsanstalt Brandenburg/Havel (Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Brandenburg/Havel, Brandenburg/Havel)
- T4-Tötungsanstalt Grafeneck (Gedenkstätte Grafeneck, Grafeneck)
- T4-Tötungsanstalt Hartheim (Hartheim)
- Tiergartenstraße 4 (Gedenk- und Informationsort für die Opfer der nationalsozialistischen »Euthanasie«-Morde, Berlin)
- Zieglersche Anstalten (Die Zieglerschen, Wilhelmsdorf)
Biographies connected to ‚T4-Tötungsanstalt Hadamar (Gedenkstätte Hadamar, Hadamar)‘
Perpetrator biographies
Ausgewählte Literatur zum Thema
Arbeit und Zwang.
1986, Bonn
Das Leben der Hadamarer Patienten im Schatten des Todes. In: Roer, Dorothee, Dieter Henkel (Hg.), Psychiatrie im Faschismus: die Anstalt Hadamar 1933-1945, S. 173-213
Author | Monika Daum |
Ein Stolperstein für Benjamin
2013
Den namenlosen Opfern der NS-Euthanasie
Author | Dr. Hartmut Traub |
Experten der Vernichtung
2013, Hamburg
Das T4-Reinhardt-Netzwerk in den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka
Author | Sara Berger |
ISBN | 978-3-86854-268-4 |
Mensch achte den Menschen.
1985, Kassel
Frühe Texte über die Euthanasieverbrechen der Nationalsozialisten in Hessen. Gedenkstätten für die Opfer. Eine Dokumentation des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen
Author | Landeswohlfahrtsverband Hessen (Hg.) |
Patientinnen und Patienten aus brandenburgischen Heil- und Pflegeanstalten
2002, Berlin
als Opfer der NS-”Euthanasie”-Verbrechen in Hadamar, in: Kristina Hübener (Hg.), Brandenburgische Heil- und Pflegeanstalten in der NS-Zeit.
Author | Georg Lilienthal |
Personal einer Tötungsanstalt
2006, Marburg
Acht biographische Skizzen. In: Uta George/Georg Lilienthal/Volker Roelcke/Peter Sandner/Christina Vanja (Hg.), Hadamar. Heilstätte – Tötungsanstalt – Therapiezentrum
Author | Georg Lilienthal |
Psychiatrie im Faschismus
1986, Frankfurt/Main
die Anstalt Hadamar 1933-1945
Author | Dorothee Roer und Dieter Henkel |
ISBN | 978-3929106206 |
Urteil gegen Adolf Wahlmann u.a.
1968, München/Amsterdam
4 Kls 7/47, LG Frankfurt/M. vom 21. März 1947 [Hadamar] in: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen. (Band 1, Nr. 017)
Author | C. F. Rüter (Hg.) |
Urteil gegen Hubert Gomerski und Johann Klier
1971, München/Amsterdam
52 Ks 3/50, LG Frankfurt/M. vom 25. August 1950 [Sobibor], in: Justiz und NS-Verbrechen. Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Tötungsverbrechen (Band 7, Nr. 233)
Author | C. F. Rüter (Hg.) |
Was geschah in Hadamar in der Nazizeit?
2008, Kassel
Ein Katalog in Leichter Sprache, 2. überarbeitete Auflage.
Author | Uta/George und Stefan Göthling (Hg.) |