Landesheilanstalt Altscherbitz(Sächsisches Krankenhaus Altscherbitz)

Heil- und Pflegeanstalt in Schkeuditz

Adresse:

Leipziger Str. 59
04435 Schkeuditz
Deutschland

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Phone: 034204 87-0
Fax: 034204 87-36 71
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Über diesen Ort

1876 unter der Bezeichnung "Provincial-Irren-Heil- und Pflegeanstalt Rittergut Alt-Scherbitz gegründet, erlangte sie rasch internationale Bekanntheit durch die innovativen Metoden des Direktors Albrecht Paetz. Die Anstalt hatte im 19. Jahrhundert an die 600 Plätze. 1941 waren es bereits 1700 Betten bei einer Belegung von 1196. In den 1930er Jahren waren Kosten gesenkt, Pflegende entlassen und die Versorgung der Patienten gekürzt worden.

 

Zwangssterilisationen und Aktion T4

"Die Notwendigkeit rassenhygienischer Maßnahmen braucht vor Psychiatern heute nicht mehr begründet zu werden" 1, so der sozialdemokratische Direktor der Anstalt Friedrich Rohden 1933. Rohde wurde noch im selben Jahr abgesetzt und zahlreiche Patienten zwangssterilisiert [NOCH GENAUE ZAHLEN; EMAIL LABOUVIE]

Am 1. 6., 30.7., 7.8., 12.9., 19.9., 11.10. und 23.10. 1940 wurden 489 Patienten aus Altscherbitz in die T4-Tötungsanstalt Brandenburg deportiert. Am 25.11. 1940 fand der erste Transport in die T4-Tötunsanstalt Bernburg statt.

Insgesamt wurden 1874 Altscherbitzer Patienten in Bernburg ermordet. Zahlreiche Patienten kamen aus anderen Anstalten nach Altscherbitz, das als Zwischenanstalt für den Weitertransport nach Bernburg benutzt wurde. Die Patienten verbrachten durchschnittlich bis zu zwei Monate in der Anstalt; etwa zwei Drittel wurden nach Bernburg gebracht. Unter den in Altscherbitz Verbliebenen herrschte eine hohe Sterblichkeit.

Im Mai 1941 fanden keine Deportationen statt, wahrscheinlich deshalb, weil die Anstalt fürchtete, mit nur mehr wenigen verbliebenen Patienten bald wirtschaftlich nicht mehr überlebensfähig zu sein. Ab dem 4.6.1941 folgten allerdings vier weitere Transporte innerhalb von zwölf Tagen mit 297 Patienten; am 31.7.1941 wurden die letzten Patienten aus Altscherbitz in Bernburg ermordet. 

Hungersterben

Ab 1942 erreichten immer mehr Transporte mit Patienten aus dem gesamten Reichsgebiet die Anstalt Altscherbitz. Viele wurden auch in Anstalten weiter östlich verlegt, darunter nach Tiegenhof, Meseritz-Obrawalde und Warta. 1942 verstarben 28,3 %, 1943 28&, 1944 23,2& und 1945 36,9% der Patienten in Altscherbitz. Die unerträglichen Lebensbedingungen und wahrscheinlich auch Tötungen durch Medikamente, die aber nicht direkt belegt sind, trugen dazu bei. Auf dem Anstaltsfriedhof wurden etwa 2000 Patienten begraben. 

Justiz, Gedenken und Erinnerung

Dr. Harald Krüger, der aus der Anstalt Jerichow kommend ab 1943 leitender Arzt in Altscherbitz war, wurde 1950 in den berüchtigten Waldheimer Prozessen verurteilt. Dies waren Massenverfahren, oft ohne Öffentlichkeit und ohne Gelegenheit für die Angeklagten, einen Verteidiger beizuziehen.  Der Richter führte in seiner Urteilsverkündung aus: "...für schuldig befunden, sich in einer Heil- und Pflegeanstalt an Tötungen beteiligt und damit Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben." Dr. Krüger war bereits ab 1945 im Speziallager Buchenwald eingesperrt gewesen und kam nach dem Urteil in das Zuchthaus Brandenburg. Am 18. April 1945 wurde er freigelassen. 2

Bis in die 1950er-Jahre wurden Teile der Anstalt zweckentfremdet benutzt. In der Folge enstanden eine psychiatrische Klinik, die Klinik für chronisch-psychische Krankheiten, die Neurologische und Kinderneuropsychiatrische Klinik. Heute ist es ein Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie in Trägerschaft des Freistaates Sachsen.

Am 29. Juni 2001 wurde im Krankenhaus ein Gedenkstein enthüllt.

Bild
Historischer Ort: Landesheilanstalt Altscherbitz, Personal 1989
Personal im Fachkrankenhaus für Neurologie und Psychiatrie Altscherbitz, 1989.

Quellen

Die Akten der Anstalt Altscherbitz liegen im Staatsarchiv Leipzig, das ein Onlinefindbuch zu diesem Bestand anbietet.


Fußnoten

  1. Friedrich von Rohden, Über rassenhygienische Aufgaben des Anstaltspsychiaters. In: Psychiatrisch-neurologische Wochenschrift, Nr. 39/1933, S. 473, zitiert nach: Dietmar Schulze, Altscherbitz - Verschiebestation in den Tod, in: Hallische Beiträge zur Zeitgeschichte Heft 6, Halle 1999, S. 5-22, hier S. 6.[back...]
  2. Frank Hirschinger, Die Prozeßakte Dr. Harald Krüger – die Verstrickung der Landesheilanstalt Altscherbitz in die Vernichtung „lebensunwerten Lebens“ während des Zweiten Weltkrieges, in: Hallische Beiträge zur Zeitgeschichte Heft 12, Halle 2002, S. 29-48.[back...]

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