Lothar Schreiber

Landwirtschaftshelfer aus Berlin

geb. in Görlitz (Sachsen)
gest. in Meseritz (Międzyrzecz)

Historischer Ort: Denkmal der Grauen Busse, Porträt 5

Biografie

Von Tom Werner

Lothar Schreiber wurde am 3. Dezember 1881 als einer von mehreren Söhnen eines Müllers in Görlitz geboren. Er besuchte die Realschule bis zur 3. Klasse, danach war er bis 1905 in der Landwirtschaft tätig. Zum Militärdienst wurde er wegen „körperlicher Untauglichkeit“ nicht eingezogen. Im selben Jahr war er in „unzüchtige Handlungen mit Minderjährigen verwickelt“. Aufgrund dessen war er bis 1907 in der damals sehr angesehenen Kahlbaum'schen Anstalt, eine private Einrichtung am Obermühlberg, in Görlitz in Behandlung.

1907 wurde er durch einen Beschluß des Amtsgerichts Görlitz wegen „Geisteskrankheit“ entmündigt. Später, in den Jahren 1921, 1922 und 1926, wurde wiederholt gegen ihn ermittelt wegen „unzüchtiger Handlungen mit Minderjährigen“. Es folgten mehrfach Einweisungen in verschiedene Anstalten, wie das in Siechhaus Görlitz (das erste Krankenhaus in Görlitz) und die Provinzial-Irrenanstalt in Bunzlau.


Im Lauf der 1930er Jahre ging Lothar Schreiber nach Berlin. Das genaue Datum ist nicht zu ermitteln. In Hamburg geriet er 1938 wieder in die Fänge der Kriminalpolizei und der Justiz. Es wurde ihm zur Last gelegt, dass er mit einem erst 16jährigen Heiminsassen im Hitlerjugendheim am Nagelsweg im Stadtteil St. Georg „widernatürliche Unzucht“ betrieben hätte. Folgendes wurde aktenkundig: In der Nacht vom 18. auf den 19. August hatte der 16jährige Schlosserlehrling Wilhelm B. Im Schlafsaal neben Lothar Schreiber übernachtet. Seine Anzeige begründete der Schlosserlehrling so: „... Neben mir auf demselben Zimmer schlief ein älterer Mann. In der Nacht gegen 24:00 Uhr verspürte ich plötzlich, wie der Mann sein Hand zwischen meine Beine legte. ... Beim Aufstehen setzte ich sofort den Heimleiter in Kenntnis, mit der Bitte um weitere Veranlassung. ...“ Noch am selben Tag wurde er von der Polizei festgenommen und in das KZ Fuhlsbüttel eingeliefert. Vier Tage später wurde er in die Untersuchungshaftanstalt Hamburg-Stadt gebracht. Auf Beschluß des Amtsgerichts Hamburg vom 7. September 1938 wurde er dann am 9. Dezember 1938 in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn eingewiesen.


Vor der Einlieferung, noch im Oktober 1938, wurde von der Hamburger Gesundheitsverwaltung ein Gutachten über ihn erstellt. Verfasser war Medizinalrat Dr. Löffler. Er diagnostizierte "Schizophrenie im Endzustand". Er war der Ansicht, daß bei Lothar Schreiber die Vorraussetzungen des § 51 Absatz 1 RStGB vorlagen. Das bedeutet, dass eine krankhafte Störung der Geistestätigkeit vorliegt, die eine Bestrafung auschliesst. Des weiteren hielt er eine Unterbringung in einer Heil- und Pflegeanstalt gemäß § 42 b RStGB wegen des Schutzes der öffentlichen Sicherheit für notwendig.


Im Strafverfahren bestätigte das Landgericht Hamburg am 14. April 1939 seine Unterbringung in der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn wegen eines Vergehens nach § 175 RStGB, also wegen „widernatürlicher Unzucht“ und versuchten Vergehens nach § 175a Ziffer 3 RStGB, eine 1935 eingeführte deutliche Verschärfung des § 175 RStGB. Das Gutachten des Dr. Löffler bildete die Basis für die Einschätzung des Geisteszustandes von Lothar Schreiber.

Am 2. April 1943 wurde er mit einem Sammeltransport im „Zuge einer allgemeinen Verlegeaktion“ in die Tötungsanstalt Meseritz-Obrawalde gebracht. Dort wurde er am 23. August 1943 ermordet.

Orte der Biografie

Geburtsort: Görlitz (Sachsen)

Görlitz
Deutschland

Bolesławiec
Polen

Weitere Orte: Hamburg (Hamburg)

Gedenkstätte Fuhlsbüttel
Suhrenkamp 98
22335 Hamburg
Deutschland

Große Hamburger Straße 38
10115 Berlin
Deutschland

Große Hamburger Straße 38
10115 Berlin
Deutschland

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