Allerdings waren noch weitere Institutionen beteiligt, so etwa das Reichsinnenministerium mit der vom Reichsärzteführer Leonardo Conti geleiteten Abteilung IV sowie das Reichssicherheitshauptamt (RSHA), dessen Abteilung »Kriminaltechnisches Institut« (KTI) mit der Suche nach einem geeigneten Tötungsmittel beauftragt wurde. Es war dies die Abteilung, die später auch die mobilen Gaswagen zur Ermordung von Juden in der besetzten Sowjetunion sowie im Vernichtungslager Kulmhof am Ner konstruierte.
Schon Ende 1939 wurde an alle infrage kommenden Pflegeheime und Anstalten im Deutschen Reich ein Meldebogen verteilt, der nach der Krankengeschichte, der Aufenthaltsdauer, der Arbeitsfähigkeit und ggf. den Heilungsaussichten eines jeden Patienten fragte. Die derart angeschriebenen Anstalten hatten keine Kenntnisse von dem eigentlichen Ziel der Meldebögen, die von drei – in Zweifelsfällen von vier – ärztlichen Gutachtern beurteilt wurden. Die Gutachter entschieden nur auf dieser Grundlage mittels eines Plus oder Minuszeichens auf dem Meldebogen über den weiteren Anstaltsaufenthalt oder die Ermordung Zehntausender Menschen. Die zur Tötung bestimmten Kranken wurden darauf über Zwischenstationen in die Tötungsanstalten gebracht und dort in der Regel binnen kürzester Zeit ermordet.
Im Alten Zuchthaus in Brandenburg an der Havel wurde Anfang 1940 ausgewählten Ärzten eine Vergasung von zum »Gnadentod« selektierten Patienten, daneben auch die Tötung mittels letal wirkender Injektionen von Skopolamin u. a., vorgeführt. Eine Entscheidung über die zweckmäßigste Tötungsart dürfte in Brandenburg nicht mehr angestanden haben, denn die ersten Experimente mit Giftgas hatten im besetzten Polen bereits Wochen zuvor stattgefunden (siehe unten).
Für die »Kinder-Euthanasie« gilt ebenso wie für die »Euthanasie« Morde an Erwachsenen festzuhalten, dass an allen Stationen erst der Selektion, dann der Deportation und anschließend der Ermordung stets Ärzte die Verantwortung trugen. Bei der Suche nach den Tätermotiven in der Holocaustforschung wird allgemein von einer Entgrenzung der Morde ausgegangen, d.h. die Einsatzgruppen ermordeten im Sommer 1941 in der besetzten Sowjetunion zunächst Männer, später dann Frauen und Kinder. Demgegenüber gilt für die »Euthanasie« Morde festzuhalten, dass Ärzte die Täter und Kinder die ersten Opfer dieses Massenmordes wurden.