Heinrich Bauer

Kaufmann aus Besigheim (evangelisch)

geb. in Besigheim (Baden-Württemberg)
gest. in Grafeneck

Historischer Ort: Denkmal der Grauen Busse, Porträt 7

Biografie

In diesem Haus in der Hauptstraße 19 in Besigheim lebte Heinrich Bauer. Das Foto stammt ungefähr aus dem Jahr 1936.
Die älteren BesigheimerInnen erinnern sich noch sehr gut an den Laden der Familie Bauer. Explizit an Heinrich Bauer erinnert sich nur ein einziger Bürger. Schreiner Roth erinnert sich, dass er als Kind gesehen hätte, dass Heinrich ein Radiogerät in die Enz geworfen hätte.

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Opferbiografie: Heinrich Bauer, Wohnhaus 1936
Das Haus auf der rechten Bildseite war das Wohnhaus der Familie Bauer. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1936.

Heinrich Bauer wurde als erstes Kind der Familie Bauer am 12. Januar 1909 in Besigheim geboren. Ihm folgten noch fünf weitere Geschwister.
Seine Eltern betrieben ein Geschäft in der Hauptstraße 19. Was genau es in diesem Laden so um 1910 zu kaufen gab, wissen wir leider nicht. Später dann, als eine Schwester von Heinrich nach dem 2.Weltkrieg den Laden führte, war es ein Kurzwarenladen. Es gab aber auch Bettwäsche und im Keller fand Familie Brixner (die heutigen Besitzer von Haus und Laden) eine Vorrichtung um Federn in Bettdecken zu füllen. Frau Brixner erinnert sich noch, mal eine Turnhose bei Lydia Bauer gekauft zu haben. Ein Zeitzeuge berichtet, dass im Laden auch Bibeln zum Verkauf angeboten wurden.

Die Eltern von Heinrich haben im April 1908 in Besigheim geheiratet. Heinrichs Mutter war die 1879 in Besigheim geborene Rosine Karoline Günther. Rosine Karoline Günthers Vater, August Günther, war Kaufmann in Besigheim. Ihre Mutter war eine Marie geborene Hetzel. Sie entstammte der Besigheimer Seifensiederfamilie Hetzel. Schon diese Familie hatte ihre Werkstatt im Haus Hauptstraße 19. Marie erbt 1871 das Haus.
Laut Häuserbuch der Stadt Besigheim war das Haus Hauptstraße 19 schon im 17. Jahrhundert vorhanden. Zum Haus Nr. 220 gehörte noch ein Stall mit Werkstatt gegenüber an der Stadtmauer. Das Haus lag einst „ zwischen den zwei Toren“ des ehemaligen Aipertores. Ab 1660 wird das Haus oft verkauft und vererbt. 1761 kauft Metzger und Stadtrat Georg David Hetzel das Anwesen. 1789 wird das Haus umgebaut. „David Hetzel vergrößert Küche und Keller und lässt ein paar Kammern schleißen…“. 1802 baut der Sohn Siegmund Friedrich Hetzel eine Seifensiederwerkstatt ein.
Schließlich erbt Marie Sophie, Ehefrau des Kaufmanns August Günther, 1862 das Anwesen: „Nr.220 – zweistockiges Wohnhaus mit gewölbtem Keller, Höfle, Winkel mit Nr. 265 gemeinschaftlich, Stadtmauer nordöstlich, Stadtmauer östlich, auf der Enzseite, am Torrain, neben der Allmand und dem Garten. Nr.220A – ein zweistockiger Flügel, an das beschriebene Haus angebaut. Nr.220B – eine an Nr. 200 angebaute Seifensieder-Werkstatt. Nr. 220C – ein Holzstall, zweistockig, Höfle nördlich, an der Stadtmauer, gegenüber dem Haus, neben Johanne Haas“.
1873 „wurde das Wohnhaus und der angebaute Flügel beseitigt und durchaus neugebaut und um 1-2 Stock erhöht, auch neue Wohngelasse und ein Kaufladen eingerichtet“.

Gotthilf Bauer und Rosine Karoline haben 1908 in Besigheim geheiratet. Im Jahr 1911 erhielt Gotthilf Bauer per Ratsbeschluss das Besigheimer Bürgerrecht verliehen. Die Familie Bauer scheint auch zu den wohlhabenderen Familien in Besigheim gehört zu haben. Gotthilf Bauer wird in einem „Verzeichnis der Personen mit über 2000 Mark Einkommen 1912/1916“ namentlich erwähnt.
Das Ehepaar Bauer hatte 6 Kinder, die alle in Besigheim geboren, getauft und konfirmiert wurden und auch die Volksschule besuchten.

Aus den Meldekarten der Stadt Besigheim geht hervor, dass alle Kinder häufig in Besigheim Hauptstraße 19 an- und abgemeldet wurden. Leider ist nur noch teilweise nachvollziehbar aus welchen Gründen. So waren zum Beispiel alle Kinder (außer Friedrich) kürzer oder länger in der Heilanstalt Weinsberg. Zumindest ein Sohn war im Bruderhaus in Schernbach. Zeitzeugen berichten, dass die Familie Bauer sehr gläubig war. Hausmusik wurde großgeschrieben. Aus einer Hausliste des Jahres 1938 geht hervor, dass Gotthilf Bauer mit Sohn Johannes und Tochter Lydia, nebst dem Dienstmädchen Martha Müller, im ersten Stock gewohnt haben. Im zweiten Stock wohnte Familie Sommer. 1938 wohnte Heinrich Bauer also nicht mehr im Haus Hauptstraße 19.

 

Ende August 1930, eineinhalb Monate später, wird er erneut stationär in die Nervenklinik in Tübingen aufgenommen. Er bleibt dort bis November und wird wieder nach Hause entlassen.

Die dritte Aufnahme erfolgt im Januar 1931. Er selbst bittet um Aufnahme in die Nervenklinik. Sein Zustand hat sich sehr verschlechtert. Am 13. Februar 1931 ist in seiner Akte vermerkt: „…er ist sehr unruhig, läuft ängstlich im Saal umher, lacht abrupt vor sich hin. Er grimassiert heftig.“
Eintrag am 15. März 1931: „Patient ist seit 2. März auf der Unruhigen Abteilung, größtenteils im Dauerbad. Ein Kontakt ist mit ihm nicht zu gewinnen.“
Eintrag am 18. März 1931: „Überführung in die Heilanstalt Weinsberg.

In der Heilanstalt Weinsberg bleibt er bis Juni 19. Juni 1934. Als „gebessert“ wird er nach Hause entlassen.

Im November 1935 wird er erneut (zum zweiten Male) auf Ansuchen der Angehörigen in Weinsberg aufgenommen. Er wird Besigheim nicht wieder sehen.

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Biografie: Heinrich Bauer, Todesanzeige Grafeneck Sonnenstein
Gefälschte Todesanzeige für Heinrich Bauer. Er wurde tatsächlich in Grafeneck ermordet.

Heinrich Bauer ist nicht in Sonnenstein/Sachsen gestorben und auch nicht am 31. Juli 1940.
Bei dem angegebenen Todesort Sonnenstein/Sachsen und dem Todestag 31. 7. 1940 handelt es sich um Fälschungen der Täter.
Im Krankenblatt der Heilanstalt Weinsberg steht unter Austritt „verlegt“ und das Datum 16. Juli 1940. Im Transportkalendarium des Dokumentationszentrums Grafeneck ist für diesen Tag, 16. Juli 1940, eine Deportation von Weinsberg nach Grafeneck verzeichnet.

HEINRICH BAUER
wurde am 16. Juli 1940 von der Heilanstalt Weinsberg
in die Tötungsanstalt Grafeneck deportiert.
Er wurde in Grafeneck noch am selben Tag vergast.

Für Heinrich Bauer verlegt Gunter Demnig am 19. September 2012 in der Hauptstraße 19 einen Stolperstein. Der Verein Wartesaal – Kultur in Besigheim übernimmt die Patenschaft für den Stein.

Diese Biografie wurde von Margit Stäbler Nicolai verfasst.

Auf der Meldekarte der Stadt Besigheim (Stadtarchiv) finden sich folgende Einträge:
Bauer, August Heinrich Gotthilf
*12. Januar 1909 Geburtsort: Besigheim
gestorben am 31. Juli 1940 in Sonnenstein in Sachsen
evangelisch, ledig, deutsch
Arbeitgeber: Gewerbebank Besigheim (nachträglich durchgestrichen)
Beruf: Banklehrling (durchgestrichen) Kaufmann, zu Hause
Wohnung: Hauptstraße 19
Vater: Gotthilf Bauer, Kaufmann
Mutter: Rosine, geb. Günther, Besigheim
weggezogen am 20. Mai 1935 nach Durlach-Aue
zugezogen am 28. August 1935 von Durlach-Aue

Archiv der Universität Tübingen:

Laut Krankenakte der Universitäts-Nervenklinik Tübingen war Heinrich Bauer dreimal stationär in der Nervenklinik Tübingen. Das ärztliche Gutachten vom 3. August 1928 ist sehr ausführlich. Der Arzt kommt zu folgender Beurteilung: „Es handelt sich bei Heinrich Bauer um eine in die Gruppe der Schizophrenie gehörige geistige Erkrankung. Die Prognose der Erkrankung ist zweifelhaft. Ob die Berufsfähigkeit wieder gewonnen werden kann, ist heute noch nicht mit Sicherheit vorauszusagen. Für die weitere Behandlung kommt nur eine für Geisteskranke eingerichtete Anstalt in Frage. Wenn die Besserung der letzten Zeit anhält, werden wir jedoch den Kranken nach Hause entlassen.“
Tatsächlich wird Heinrich Bauer am 14. August 1928 nach Hause entlassen.

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