T4-Tötungsanstalt Bernburg(Fachklinikum Bernburg)

T4-Tötungsanstalt in Bernburg

Adresse:

Olga-Benario-Straße 16/18
06406 Bernburg
Deutschland

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Historischer Ort: Bernburg, Foto Tötungstrakt

Über diesen Ort

Am 1. Oktober 1875 wurde nach dreijähriger Bauzeit eine zentrale psychiatrische Heil- und Pflegeanstalt für das Herzogtum Anhalt eröffnet. Zunächst für nur 132 Kranke konzipiert, stieg die Zahl schnell auf mehr als das Dreifache und führte immer wieder zu Erweiterungsbauten.

Einen gravierenden Einschnitt brachten zunächst nur die Jahre des Ersten Weltkrieges. Geringe finanzielle Mittel, das Auftreten von Pocken- und Typhusepidemien und ein Hungersterben gegen Ende des Krieges ließen die Belegungszahl sinken und die Todesrate steigen. Erst in den 1920er Jahren verbesserte sich die Situation für die Patientinnen und Patienten wieder spürbar. Kranke wurden freier behandelt und konnten auf eigenen Wunsch auch beurlaubt werden

Zwangssterilisationen

Mindestens 62 weibliche und 75 männliche Patienten der Anstalt Bernburg wurden zwangsweise unfruchtbar gemacht. Im Jahresbericht der Bernburger Diakonissen aus dem Jahr 1934 finden sich Hinweise darauf:

"In den ersten Monaten des Jahres hatten wir sehr viele Kranke; das kam daher, dß die Beurlaubung vieler Kranker durch das Steriliserungsgesetz ins Stocken kam. Das Erbgesundheitsgericht war mit Arbeit überhäuft; zudem mußte sich alles erst einspielen. Mit der Zeit kam alles in Gang..."1

Aktion T4

Im Februar 1938 wurde unter Leitung des neuern Direktoris Willi Enke die Anhaltinische Nervenklinik als ein modernes Krankenhaus mit psychiatrisch-neurologischem Profil eröffnet. Gleichzeitig wurden die Ausgaben gekürzt, so dass der Anstalt im Haushaltsjahr 1935 40.000 Reichsmark weniger ausgeben konnte als drei Jahre zuvor.2

Im Sommer des Jahres 1940 wurde  in der Verwaltungszentrale der Krankenmorde in Berlin die Entscheidung gefällt, die T4-Tötungsanstalt  Brandenburg/Havel zu schließen und das Mordgeschehen nach Bernburg zu verlegen. Zu diesem Zweck wurde die Teilung der Landes-Heil- und Pflegeanstalt Bernburg in einen therapeutischen Bereich (Anhaltische Nervenklinik), wo weiterhin Patienten behandelt wurden, und in eine Tötungs-Anstalt (Heil- und Pflegeanstalt) beschlossen. Sechs Häuser wurden beschlagnahmt und etliche Kranke in andere Anstalten verlegt.

Im Keller des Männerhauses II wurden ein kleiner Raum mit Fliesen ausgekleidet und zwei stationäre Verbrennungsöfen eingebaut. Zwischen dem 21. November 1940 und 24. August 1941 wurden hier mehr als 9.000 Männer, Frauen und Kinder noch am Tage ihrer Ankunft ermordet und ihre Leichen verbrannt. Die Transporte kamen aus 39 psychiatrischen und Pflegeanstalten der Provinzen Brandenburg, Sachsen und Schleswig-Holstein, den Ländern Anhalt, Braunschweig und Mecklenburg sowie aus Berlin und Hamburg.

Aktion 14f13

Nach dem Ende der Morde in Brandenburg im August 1941 wurden - wie aus allen anderen T4-Tötungsanstalten auch- zahlreiche Nitarbeiter in die Vernichtungslager der Aktion Reinhard kommandiert.

Im Jahr 1942 begann in Bernburg die Aktion 14f13“, mit der Häftlinge aus Konzentrationslagern ermordet wurden. Nachdem Ende 1941 im Konzentrationslager Ravensbrück Häftlinge selektiert worden waren, gingen Transporte mit insgesamt etwa 1400 vor allem jüdischen Frauen nach Bernburg. 

Im Frühsommer 1943 wurde die „Euthanasie“-Anstalt Bernburg aufgelöst.

Juristische Aufarbeitung

Gedenken

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Historischer Ort: Bernburg, Foto Tötungstrakt
Tötungstrakt der Anstalt Bernburg, 2006

Am 8. November 1940 mietete die Organisation der Aktion T4 in Berlin zunächst vier, dann noch zwei weitere Gebäude der Anstalt an.  Bereits im Oktober 1940 waren mehrere von der Berliner Zentrale entsandte Handwerker in Bernburg eingetroffen; unter ihnen war der Maurermeister Erwin Lambert. Im Keller des ehemaligen Männerhauses wurde eine 14 Quadratmeter große Gaskammer und ein Obduktionsraum gebaut sowie zwei Krematoriumsöfen der Firma Kori installiert. 

Im November traf weiteres Personal ein und wurde in den angemieteten und geräumten Gebäuden untergebracht. Diese Ärzte, Pfleger, Sekretärinnen und Leichenverbrenner hatten zum großen Teil vorher in der Tötungsanstalt Brandenburg gearbeitet.

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Historischer Ort: Bernburg, Krematorium
Standort des Krematoriums in Bernburg. Foto: Tiergarten4Association
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Historischer Ort: Bernburg, Gaskammer
Ehemalige Gaskammer in Bernburg.

Jede der der T4-Tötungsanstalten hatte ein Einzugsgebiet zugewiesen bekommen, aus dem Patienten zur Tötung vorgesehen waren. Die in Bernburg Ermordeten kamen überwiegend aus Nord- und Mitteldeutschland. Abweichend von dieser Schematik waren es insbesondere Patienten aus dem Rheinland, die in Bernburg umgebracht wurden. Zur besseren Organisation wurde später ein System von Zwischenanstalten geschaffen, über die die Patienten nach Bernburg gebracht wurden. Diese waren:

Altscherbitz, Brandenburg-Görden, Jerichow, Königslutter, Neuruppin, Teupitz und Uchtspringe.

Am Anfang verfügte Bernburg über vier Gefangenentransportwägen, später über die bekannten Busse der Reichspost. Die Patienten, die nach Bernburg deportiert wurden, kamen aus "mindestens 33 verschiedenen psychiatrischen Anstalten und Fürsorgeeinrichtungen unterschiedlicher Trägerschaft"3 Patienten aus weiter entfernten Anstalten, etwa aus Schleswig-Holstein, wurden mit der Bahn nach Bernburg gebracht. Mindestens elf Transporte gingen direkt nach Bernburg, ohne das System der Zwischenanstalten zu benutzen. Darunter waren Transporte aus Schwerin-Sachsenberg und Eberswalde. Es gint ebenfalls Hinweise darafu, dass Patienten aus pommerschen Anstalten in Bernburg ermordet wurden.4 Folgt man den Angaben im so genannten Dameron-Report, wurden in Bernburg vom November 1940 bis August 1941 9835 Menschen ermordet.

Die meisten der Bernburger Täter wurde in der Sowjetischen Besatzungszone bzw. der DDR verfolgt und verurteilt. Direkt nach der Befreiung Bernburgs durch amerikanische Truppen wurde der Direktor der Anstalt Bernburg, Willi Enke, verhaftet und eine polizeiliche Ermittlung begonnen. Dieses Untersuchungsverfahren wurde allerdings bereits im November 1945 wieder eingestellt. Der Leiter der T4-Tötungsanstalt, Irmfried Eberl, war in den Westen geflüchtet und verübte 1948 im Untersuchungsgefängnis in Ulm Selbstmord.

1948 fanden in Magdeburg mehrere Prozesse statt, in denen vier Beteiligte der Morde in Bernburg verurteilt wurden. Darunter war auch Josef Oberhauser, der zu 15 Jahren Haft verurteilt wurde. Die (wenig umfangreichen) Akten zu diesem Prozess liegen im Landesarchiv Sachsen-Anhalt in Magdeburg. Ein Prozess fand auch in Meiningen in Thüringen statt. Später fanden noch zwei weitere Prozesse statt, danach endete die juristische Aufarbeitung in der DDR. In Frankfurt/Main kam es im Jahr 1966 zu einem Prozess gegen den Tötungsarzt Heinrich Bunke, der sich insgesamt bis 1987 hinzog. Die Akten zu diesem Verfahren liegen im Hessischen Hauptstaatsarchiv Wiesbaden.

Im Jahr 1952 wurde vom Verband der Verfolgten des Nationalsozialismus symbolisch eine Urne in der ehemaligen Gaskammer aufgestellt. Zu einer weiteren Markierung kam es erst 1982, als ein Teil der Kellerräume zu einer Gedenkstätte umgestaltet wurden. Diese war allerdings nicht öffentlich zugänglich. Erst zum Ende der DDR im Jahr 1989 wurde eine Gedenkstätte eingerichtet. 


Fußnoten

  1. Oberlinhaus, Ordner Heil- und Pflegeanstalt Bernbur, Bernburger Jahresbericht 1934. Zitiert nach: Dietmar Schulze, "Euthanasie" in Bernburg, Essen 1999, S. 52.[back...]
  2. Dietmar Schulze, "Euthanasie" in Bernburg, Essen 1999, S. 52.[back...]
  3. Dietmar Schulze, "Euthanasie" in Bernburg, Essen 1999, S. 81.[back...]
  4. Dietmar Schulze, "Euthanasie" in Bernburg, Essen 1999, S. 122.[back...]

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